Nach dem NeinDie Justizinitiative soll erneut vors Volk
Der unterlegene Initiant Adrian Gasser bezeichnet das Resultat als «Erfolg» und sieht weiterhin Chancen für sein Anliegen. Reformen sind auch bei den Gegnern ein Thema.

Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer möchte nicht, dass die Bundesrichterinnen und -richter künftig per Los bestimmt werden. Die Justizinitiative wird mit rund zwei Drittel der Stimmen abgelehnt (zum Ticker).
Trotz des klaren Ausgangs will Initiant Adrian Gasser alles andere als klein beigeben. Der Unternehmer bezeichnet das Resultat als «vollen Erfolg», denn jetzt habe das Volk zum ersten Mal etwas gehört von der fehlenden Gewaltentrennung zwischen Politik und Justiz in der Schweiz. Allerdings habe sein Komitee zu wenig Zeit gehabt, um eingehender über die Missstände aufzuklären.
«Die Initianten haben extrem schwarzgemalt – aber ihr Bild einer korrupten Schweiz war unglaubwürdig.»
Auf der Gegner-Seite zeigt man sich erleichtert über den Ausgang der Abstimmung. Der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni ist «sehr froh, dass die Stimmberechtigten ihr grosses Vertrauen in die Justiz und in das Parlament, das sie wählt, ausgedrückt haben». Die Initianten hätten «extrem schwarzgemalt – aber ihr Bild einer korrupten Schweiz war unglaubwürdig».
Weiter sagt Caroni mit Blick auf die intensive Ja-Kampagne: «Ebenfalls ist es gut, dass man eine Abstimmung nicht kaufen kann. Die Pro-Seite hatte drei Millionen zu Verfügung, wir tausend mal weniger.».
Caroni, der am Montag das Präsidium der parlamentarischen Gerichtskommisssion abgibt, sagt, er habe es «trotzdem geschätzt, dass es die Initiative gab, denn durch sie inspiriert haben wir uns in der Gerichtskommission einige Verbesserungen der Wahlverfahren überlegt». So formuliert die Kommission nun ein Reglement für Wahlen an die Gerichte des Bundes aus. Bisher gab es das nicht.
Richterschaft will nicht mehr zahlen
Die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter möchte Reformen, aber nicht so weitgehende wie Adrian Gasser. Sie will eine Wahl an die Gerichte bis zur Pensionierung oder zumindest für einen längeren Zeitraum. Aktuell müssen sich Bundesrichterinnen und -richter alle sechs Jahre vom Parlament bestätigen lassen.
Zudem will die Vereinigung die Mandatssteuern abschaffen und allenfalls durch erhöhte Fraktionsbeiträge ersetzen. Heute zahlen Richterinnen und Richter in der Schweiz jährlich mehrere Tausend Franken an ihre Partei.
Im Parlament ist ein Vorstoss von FDP-Nationalrat Beat Walti hängig, der diese Abgabe unterbinden will. In der nationalrätlichen Kommission für Rechtsfragen stiess die Abschaffung allerdings jüngst auf wenig Gegenliebe. Die Kommission hält zwar fest, dass die Mandatssteuern einen Anschein der Abhängigkeit erwecken könnten. Die Abgabe sei aber freiwillig. Für den Vorstoss gab es in der Kommission einzig freisinnige Unterstützung, womit die Chancen im Nationalrat nicht allzu gut stehen.
Thomas Knellwolf ist Bundeshaus-Korrespondent, mit Schwerpunkt Justiz und Nachrichtendienst. Bei Tamedia hat er den Recherchedesk mitaufgebaut und geleitet. Er ist Autor mehrerer Sachbücher. Kontakt über Threema 3KVB3FET oder E-Mail thomas.knellwolf@tamedia.ch
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