Steigende Mordrate in New YorkAls Bürgermeister will er eine Waffe tragen
Favorit bei den Vorwahlen der Demokraten in New York ist der Ex-Polizist Eric Adams, der sich vor allem als Verbrechensbekämpfer positioniert. Er wäre erst der zweite afroamerikanische Bürgermeister der Stadt.

Am letzten Wochenende, bevor die Demokraten entscheiden, mit wem sie in die New Yorker Bürgermeisterwahl ziehen, gaben die Kandidaten noch einmal alles. Maya Wiley führte ihre Künste mit dem Hula-Hoop-Reifen vor. Scott Stringer präsentierte seine Söhne, die eifrig Flugblätter mit dem Konterfei ihres Vaters verteilten. Eric Adams schien zur gleichen Zeit an mehreren Orten in der Stadt zu sein. Und Andrew Yang und Kathryn Garcia traten plötzlich als Verbündete auf, obwohl sie einander wochenlang attackiert hatten.
An diesem Dienstag stehen die demokratischen Vorwahlen an. 13 offizielle Kandidatinnen und Kandidaten sind im Rennen verblieben. Wer auch immer diese Vorwahl gewinnt, hat beste Chancen, im November auch die Bürgermeisterwahlen zu gewinnen, weil New York eher den Demokraten zuneigt. Allerdings könnte es eine Weile dauern, bis ein Sieger feststeht, was am neuen Wahlsystem liegt.

Erstmals wird die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister in einer Rangfolgewahl bestimmt, was bedeutet, dass die Wählerinnen und Wähler fünf Kandidaten auswählen und auf ihre persönlichen Plätze eins bis fünf verteilen können. Das verlängert den Prozess des Auszählens erheblich. Es könnte bis zum 12. Juli dauern, bis das Ergebnis der Wahl feststeht.
Zahl der Schiessereien hat sich verdoppelt
Das neue Wahlsystem ist auch der Grund dafür, dass sich Andrew Yang und Kathryn Garcia plötzlich zusammengetan haben. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag traten sie gemeinsam auf. Yang empfahl selbstverständlich, ihm die erste Stimme zu geben, doch er warb zugleich dafür, Garcia auf Rang zwei zu setzen. Garcia wiederum erwiderte diesen Gefallen nur teilweise. Sie fand lobende Worte für Yang, ging aber nicht so weit, ihn als Nummer zwei zu empfehlen. Beide setzen darauf, dass sie in der Akkumulation der Stimmen am Ende gewinnen könnten, selbst wenn sie nicht die meisten Erststimmen auf sich vereinigen.

Diese könnte den Umfragen zufolge Eric Adams bekommen. Adams hat 22 Jahre lang als Polizist gearbeitet, bevor er in die Politik ging. Es scheint, dass ihm viele New Yorker daher am ehesten Kompetenz in der Verbrechensbekämpfung zutrauen. Dieses Thema dürfte das entscheidende der Wahl werden, denn innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist die Mordrate in der Stadt stark gestiegen, die Zahl der Schiessereien hat sich verdoppelt.
Unerwünschtes Lob von Fox News
Adams hat angekündigt, eine Sondereinheit zu bilden, die sich dieses Themas annimmt. Aufsehen hatte er vor einigen Wochen erregt, als er sagte, dass er sich vorstellen könne, in Bedrohungslagen eine Waffe zu tragen. Dafür bekam er unerwünschtes Lob: Der erzkonservative Fox-News-Moderator Tucker Carlson äusserte sich wohlwollend über Adams, was dieser empört zurückwies.

Realistische Chancen auf den Sieg haben ausser Adams noch Kathryn Garcia, die bis Ende des vergangenen Jahres das Amt für Stadtreinigung in New York leitete, Scott Stringer, Chef des New Yorker Rechnungshofs, Maya Wiley, Bürgerrechtsanwältin und Professorin für Stadtpolitik, sowie Andrew Yang, Unternehmer.
Es ist das diverseste Feld, das je zu einer solchen Wahl antrat. Yang ist Sohn taiwanesischer Einwanderer. Adams und Wiley sind Afroamerikaner. Bisher hatte New York erst einen schwarzen Bürgermeister: David Dinkins regierte von 1990 bis 1993. Alle anderen 108 Bürgermeister seit 1665 waren weisse Männer.
Unterstützung von Warren und Ocasio-Cortez
Das würde nur dann erneut so sein, wenn Scott Stringer gewählt würde. Er lag zu Beginn des Wahlkampfes gut im Rennen. Allerdings haben zwei ehemalige Mitarbeiterinnen Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn erhoben, woraufhin sich einige Spender zurückzogen und er in der Wählergunst zurückfiel.
Auch die Demokraten in Washington blicken mit Interesse auf diese Wahl, weil sie etwas über die künftige Ausrichtung der Partei sagen könnte. Maya Wiley gehört zum sehr linken Flügel. Die Senatorin Elizabeth Warren und die prominente, ebenfalls sehr linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez haben sich für sie ausgesprochen. Wiley positioniert sich bewusst gegen den ehemaligen Polizisten Adams: Sie will zum Beispiel das Budget der New Yorker Polizei deutlich verringern.
Die Auseinandersetzung zwischen Wiley und Adams bildet auf städtischer Ebene die Debatten ab, die die Demokraten auch auf nationaler Ebene führen. Beide Kandidaten stehen allerdings an den äusseren Rändern der Partei, weshalb es möglich ist, dass am Ende Yang oder Garcia gewinnt, die sich weniger deutlich positioniert haben.
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