Postkarten aus dem Kanton ZürichIm FBW-Museum: «Noch schöner sind sie nur in Betrieb»
Journalistin Helene Arnet und Fotografin Doris Fanconi erzählen Geschichten aus der Region, wie sie sonst kaum zu lesen sind. Heute: Herzliche Grüsse aus Wetzikon.
Jakob Meier öffnet das Garagentor und sagt: «Wir sind eben Spinner. Aber harmlose Spinner». Und «Spinner», die etwas zustande gebracht haben, wie sich nun zeigt. In der Halle stehen sechzehn unterschiedliche, doch ausnahmslos grosse Oldtimer-Lastwagen. 22 weitere stehen in einem Depot. Ein Postauto, Jahrgang 1925, ein Desinfektionsfahrzeug der Gesundheitsdirektion der Stadt Zürich, Jahrgang 1933, der Prototyp eines VBZ-Buses, Jahrgang 1959, bei dem der Chauffeur, und nur der, im Obergeschoss sass, ein Zugbeförderungswagen der SBB, um ganze Waggons auf der Strasse zu transportieren.
Alle Ausstellungsstücke sind fahrtüchtig, alle wurden einst von der Firma FBW konstruiert, und zwar von A bis Z, von der Zeichnung bis zum fertigen Fahrzeug. Die 1904 von Franz Brozincevic gegründete Firma war in der Schweiz Pionierin im Lastwagen- und Bus-Bau. 1988 wurde sie von Mercedes geschluckt. Die «Spinner» übernahmen ein paar Jahre danach das Archiv mit den Konstruktions- und Spezifikationsplänen für jedes einzelne Fahrzeug. Plus das etwa 40’000 Teile umfassende Ersatzteillager. Ersatzteile liefern sie in die ganze Welt. «Denn noch schöner, als wenn ein FBW-Wagen in unserem Museum steht, ist es, wenn er noch in Betrieb ist», findet Jakob Meier.
Lauter flatterhafte Wesen – Herzliche Grüsse aus Dürnten
Seine Lieblingsfarbe scheint Gelb zu sein. Und so setzt sich der handgrosse blaue Morphofalter auf das gelbe T-Shirt des Jungen und bleibt dort reglos sitzen. Vielleicht ahnt er auch nur, dass er dort besonders gut zur Geltung kommt. Im Juli und August ist jeweils Schaufliegen im Schmetterlingshaus des Garten-Centers Meier am Rande von Dürnten.
Da gaukeln Dutzende Sommervögel nektartrunken herum, manche träge, andere nervös, alle prächtig. Die Puppen, die in einer Ecke an Holzstäben hängen, werden aus einer Schmetterlingszucht in England importiert. Wer Glück und Geduld hat, kann beobachten, wie sich ein zerknittertes Insekt aus dem Kokon schält. Dann sitzt es ruhig da, taumelt manchmal ein bisschen und pumpt sachte, sachte seine Flügel auf.
Doch meist sind dann die Augen schon anderswo. «Det häds no eine, det no zwei», ruft ein kleines Mädchen begeistert. «Mami, dir sitzt eine uf em Chopf!» Nun klappt der blaue Riesenfalter auf dem gelben Shirt kurz seine Flügel zusammen. Die Hinterseite ist unscheinbar braun. Passt weniger gut zu Gelb. Also breitet er sie wieder aus, denn ein Schmetterlingsleben ist zu kurz, um unscheinbar zu sein.
Auf Knopfdruck ein Lächeln – Herzliche Grüsse aus Wald
Wer es jeweils bei den alten Züri-Trams nicht lassen konnte, hinten auf den Klingelknopf zu stehen, wird in diesem Raum zappelig vor Freude. Sicher zwei Dutzend Knöpfe zum Drauftreten gibt es hier, und jedes Mal passiert etwas anderes.
Hektisch beginnen Gabeln, Messer und Löffel zu hantieren, Kugeln rollen los, Bällchen spicken durch die Luft oder eine Feder streichelt einen Stein. Im Gewölbekeller der ehemaligen Fabrikantenvilla Flora in Wald ist vor kurzem ein kleines Museum entstanden, in dem rund hundert Arbeiten des 1937 geborenen, eigenwilligen Künstlers Yvan «Lozzi» Pestalozzi ausgestellt sind.
Das auf Knopfdruck wild gestikulierende Besteck trägt den Titel Fastfood, manche der Objekte haben einen gesellschaftskritischen Hintergrund: Saisonarbeiter, die rüde rausgekickt werden. Tierleid hinter Gittern. Manche sind bildliche Kalauer. Alle aber lösen bei jenen, die sie betrachten, dasselbe aus. Ein Lächeln erscheint in ihrem Gesicht. Wie auf Knopfdruck.
Die lückenhafte Stadtmauer – Herzliche Grüsse aus Bülach
Die mächtige mittelalterliche Mauer aus grob bearbeiteten grossen Steinbrocken schiebt sich wie ein Geschwür zwischen modernen Häusern und einem Sitzplatz mit Grill und Sonnenstoren hervor. Als ob sie kundtun wollte: Ich war zuerst da. War sie auch.
Die über ein Meter dicke Mauer, welche den Kirchhügel des Landstädtchens Bülach einst umgab, ist wahrscheinlich bereits um 1300 errichtet worden und heute noch an verschiedenen Orten erkennbar. Sie zu suchen, gleicht einer Schnitzeljagd. Manchmal erkennt man sie hinter einer rankenden Weinrebe, dann wieder in ein etwas heruntergekommenes Gehöft verbaut. Einmal parkieren Autos davor, dann dient ein kleines Stück als Abschirmung für einen Hinterhof.
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