Der Ticker zum Nachlesen – Suter gewinnt Gold – Goggia kann es nicht fassen
Olympia-Abfahrt der Frauen – Suter gewinnt Gold – Goggia kann es nicht fassen
Die Schwyzerin gewinnt die Olympia-Abfahrt und verhindert das ganz grosse Märchen der Italienerin. Gut-Behrami ist chancenlos. Das Rennen im Liveticker.
Sie ist die Frau der Grossanlässe. Wie sehr, das zeigt Corinne Suter an diesem Dienstag in Yanqing. Sie holt Gold in der Abfahrt, es ist so etwas wie die frühe Vollendung einer jungen Karriere.
Mit 27 Jahren ist Suter jetzt: Abfahrtsweltmeisterin, Abfahrtsolympiasiegerin, Gewinnerin der kleinen Kugeln in Abfahrt und Super-G. Viel mehr zu gewinnen gibt es nicht für eine Speed-Fahrerin. Dabei waren auch diesmal die Vorzeichen nicht nur gut, hat sie einen Winter hinter sich, in dem sie ihren eigenen hohen Ansprüchen oft nicht genügte und in dem sie sich manchmal ungewohnt wortkarg zeigte. So war der Sieg zuletzt in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen «sehr wichtig» für sie, wie Suter im Vorfeld sagte. Er zeigte, dass sie durchaus noch fähig ist, zu siegen.

Und an diesem wunderbar sonnigen Tag in China geht es noch einmal perfekt auf für Suter, die angriffig fährt und mit ihrer Goldfahrt auch ein ganz grosses Märchen verhindert: Dasjenige von Sofia Goggia, die an den Start ging, obwohl das linke Knie verletzt ist, das Kreuzband angerissen nach dem Sturz in Cortina d'Ampezzo. Auf den Super-G hat die Italienerin noch verzichten müssen, in der Abfahrt legt sie einen wilden Ritt hin, wie das nur sie kann. Und als im Ziel 41 Hundertstel in Grün aufleuchten sieht, ist sich die 29-Jährige ziemlich sicher, dass das reichen würde. Tut es nicht. Weil Suter kommt.
Entsprechend erstaunt und konsterniert schaut Goggia, als die Schweizerin noch einmal 16 Hundertstel schneller ist als sie, ja: Sie kann es nicht fassen. Suter verhindert damit auch einen Doppelsieg der Italienerinnen, auf Rang 3 landet Nadia Delago. Ein starkes Rennen gelingt auch Joana Hählen, die sich mit Trainingsbestzeit die Nomination erkämpfte und diese mit Platz 6 rechtfertigt. Für einmal nicht wunschgemäss läuft es Lara Gut-Behrami, die «zu hart auf den Ski» stand, wie die Tessinerin sagt, sie wird direkt hinter Jasmine Flury Sechzehnte. Und dürfte das gut verkraften können, reist sie doch mit Super-G-Gold und Riesenslalom-Bronze nach Hause.
Camille Cerutti, französische Nachwuchshoffnung, stürzt noch schwer und schreit heftig. Es dürfte eine Knieverletzung sein. Glück für die Fahrerinnen im Ziel, bekommen sie davon nichts mit, Corinne Suter strahlt, auch sie dürfte sich jetzt sicher sein: Da kommt niemand mehr, der ihr Gold wegschnappen könnte.
Die US-Amerikanerin Alix Wilkinson und die Französin Tiffany Gauthier schaffen es nicht ins Ziel. Jetzt noch Riesenslalom-Spezialistin Alice Robinson aus Neuseeland. Aber auch sie hat eine Fahrt mit vielen Fehlern – sie wird 20. Das wars: Corinne Suter hat jetzt Gold auf sicher! Die Schweizer Ski-Festspiele gehen weiter, es ist die vierte Goldmedaille für die Alpinen, so viele wie noch gar nie an Olympischen Spielen.
Die Schwyzerin gibt ein erstes Interview: Sie habe im Ziel nicht einschätzen können, ob ihre Fahrt schnell gewesen sei oder nicht, sagt Suter, «es war wechselhaft vom Licht her, vom Wind auch, einmal kam Gegenwind, dann Rückenwind, aber ich bin zufrieden mit meiner Fahrt», die Ergänzung: «Sehr zufrieden.» Das kann sie auch sein. Muss sie sein. Es müsste mit dem Ski-Teufel zugehen, wenn diese nicht zu Gold reichen würde.
Auch die nächste Österreicherin kann nicht mithalten mit der Spitze. Tippler wird 18. mit 2,52 Sekunden Rückstand. Suter lächelt zaghaft. Doch die Besten sind unten, Suter ist so gut wie Olympiasiegerin.
Der nächste Schweizer Trumpf: Lara Gut-Behrami. Gänzlich befreit kann die Tessinerin antreten nach Gold im Super-G. Auch in der Abfahrt ist die 30-Jährige zügig unterwegs, allerdings fehlen bei der zweiten Zwischenzeit 34 Hundertstel und bei der dritten schon 1,08 Sekunden. Das Material scheint erneut nicht zu funktionieren – wie in den Trainings. Das wird heute nichts – sie dürfte es verkraften können. Zwischenrang 16 für Gut-Behrami mit über zwei Sekunden Rückstand.

Chancenlos ist die Österreicherin, nur Siebte mit 1,48 Sekunden. Immerhin Beste ihres Landes ist sie zurzeit.
Mittlerweile sind auch Laura Gauche und Kira Weidle im Ziel: als Neunte und Vierte. Weidle verpasst die Medaillenplätze knapp.
Die Schweizerin weiss, wie es geht an Grossanlässen, 4 WM-Medaillen hat sie schon gewonnen, Olympia-Edelmetall fehlt noch in der Sammlung der Schwyzerin. Sie riskiert einiges auf der Piste von Yanqing: Dritte Zwischenzeit: immer noch grün, 8 Hundertstel vorne, dann leichter Rückstand mit 18 Hundertsteln – und im Ziel? Führt sie mit 16 Hundertsteln Vorsprung. Wahnsinn! Goggia kanns kaum glauben.
Am anderen Ende der Gefühlsskala: Rang 13 mit 2,85 Sekunden Rückstand.
Dass sie überhaupt starten kann? Ein kleines Wunder. Das Kreuzband ist angerissen, überhaupt ist im linken Knie vieles kaputt gegangen bei ihrem Sturz im Super-G von Cortina d'Ampezzo. Sie kann kaum gehen, auf den Super-G von Yanqing verzichtete die Speed-Königin noch, doch jetzt schlägt sie zu. Und wie! 41 Hundertstel Vorsprung holt sie heraus, da fehlen einem die Worte. Dreifachführung für Italien mit Goggia, Nadia Delago und Curtoni.

Für sie gilt es, die Enttäuschungen aus Riesenslalom und Slalom zu vergessen, zweimal ausgeschieden ist sie dort, im Super-G wurde sie Neunte. Doch auch in der Abfahrt will es nicht aufgehen für den Ski-Star aus den USA: 1,92 Sekunden Rückstand, Elfte und Vorletzte.
Jetzt ist die jüngere Delago-Schwester unterwegs, schnell unterwegs ist sie, hält mit Curtoni mit, mehr noch – es reicht zur Bestzeit, 43 Hundertstel Vorsprung. Hählen ist damit noch Dritte.
Damit sieht es nach 10 Fahrerinnen so aus: 1. Elena Curtoni. 2. Joana Hählen. 3. Mirjam Puchner und Marie-Michèle Gagnon. – 9. Jasmine Flury. Mit der Startnummer 15 folgt Corinne Suter, mit der 19 Lara Gut-Behrami.
Wird sie ihrer Teamkollegin an der Spitze gefährlich? Nein, die ältere der Delago-Schwestern wird Fünfte.
Silber im Super-G hat sie geholt im Schweizer Sandwich zwischen Lara Gut-Behrami und Michelle Gisin. Übrigens: Gut-Behrami folgt dann mit der 19, Gisin gar nicht. Hählen wurde ihr vorgezogen – und rechtfertigt das mit Zwischenrang 2. Auch Puchner kommt nicht vorbei: Rang 3 für sie zeitgleich mit Gagnon.
Marie-Michèle Gagnon verliert wie alle Fahrerinnen viel Zeit im Abschnitt nach der dritten Zwischenzeit: Rang 3 auch noch hinter Joana Hählen.
Die erste Österreicherin verbläst es oben ebenfalls, trotzdem verliert sie nur 1 Hundertstel auf Curtoni. Die ersten drei Zwischenzeiten sind grün, allerdings im Hundertstelbereich, dann verliert auch sie viel Zeit, 94 Hundertstel Rückstand sind es letztlich auf die Italienerin.
So etwas wie eine Geheimfavoritin ist die Norwegerin. Nach dem Start erwischt sie eine leichte Böe, verliert 25 Hundertstel. Im Ziel fehlen 1,10 Sekunden, Rang 4, eine grosse Enttäuschung für die 29-Jährige.
Vor vier Jahren gelang ihr das Kunststück, im Snowboard und im Ski alpin Olympiasiegerin zu werden. In Peking hat sie im Snowboard auch schon wieder Gold geholt. Doch im Ski wird das nichts. Sie fährt oben sehr schnell, rutscht dann aber weg, fällt hin – und fährt doch weiter. 5,31 Sekunden Rückstand.
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