Kolumne «Tribüne»Blatters Geheimnis
Der «Landbote»-Kolumnist sass einmal mit Sepp Blatter im Zug – und fragte sich, was dieser wohl so konzentriert bearbeite. Am Schluss siegte die Neugier.

Ich sass im Zug, in der ersten Klasse, als Sepp Blatter, der damalige Präsident des Weltfussballverbands Fifa, zustieg und sich zwei Abteile vor mir niederliess. Er nahm einen Laptop aus seiner Tasche, klappte ihn auf und begann ganz offensichtlich zu arbeiten. Konzentriert, zeitweise mit gerunzelter Stirn, schaute er vor sich auf den Bildschirm. Was für ein Dokument er wohl vor sich hatte? Bearbeitete er ein wegweisendes Projekt, vielleicht sogar etwas Geheimes? Etwas für den Weltfussball Zukunftsweisendes?
So geht es einem oft im Leben. Man beobachtet etwas, zieht seine Schlüsse daraus, spekuliert, worum es sich handeln könnte und liegt damit entweder richtig oder falsch. Mein Selbstbewusstsein tendiert zu «richtig», meine Lebenserfahrung spricht jedoch ganz klar für «richtig». Eiligst zusammengeschusterte Konstruktionen sollte man besser für sich behalten. Einmal ausgesprochen machen sie nämlich sofort als Fake News Karriere.
Oder hatte er ein persönliches Schreiben mit irgendwelchen Bitten erhalten? Wurden da vielleicht sogar heisse, um nicht zu sagen heikle Geschäfte angeregt?
Zurück ins Erstklassabteil zu Sepp Blatter. Die Wahl der nächsten Austragungsorte der Fussball-WM rückte näher. Ob er wohl die Unterlagen der kandidierenden Länder studierte? Oder hatte er von irgendjemandem besonders Einflussreichen ein persönliches Schreiben mit irgendwelchen Anregungen und Bitten erhalten? Wurden da vielleicht sogar heisse, um nicht zu sagen heikle Geschäfte angeregt? Blatters Blick schien einen Moment lang starr zu werden. Oder plante die Fifa gar eine Spielregelrevolution, das Abschaffen der Abseitsregel etwa? Oder verlangte das Steueramt des Kantons Zürich eine saftige Nachzahlung?
Meine Neugierde war so gross, dass ich schon lange vor der Ankunft des Zugs im Hauptbahnhof Zürich meine Siebensachen packte und mich in Richtung Ausstieg bewegte, um im Vorbeigehen einen Blick auf Blatters noch geöffneten Computer zu erhaschen. Und ich wurde belohnt! Sicher möchten Sie jetzt natürlich auch wissen, womit sich der Fifa-Boss während der ganzen Bahnfahrt beschäftigt hatte. Ich kann es Ihnen hiermit verraten. Es ist allerdings nicht ganz das, was ich erwartet hatte: Sepp Blatter löste ein Sudoku!
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