Blaues Auge für den Disco-Schläger
Ein 26-Jähriger brach am Silvester 2014/15 vor dem «Bolero»-Club einem anderen Gast die Nase und den Kiefer. Er hatte bereits das sechste Mal zugeschlagen. Trotzdem gab ihm das Obergericht eine letzte Chance, sein Leben zu ordnen.

Der Start ins Jahr 2015 endete für zwei Partygäste des «Bolero» blutig. Mit einem Faustschlag ins Gesicht brach der Angeklagte, Samuel N. (Name geändert) dem Kläger Nasenbein und Kiefer. Zuvor hatte er auch dessen Begleiter die Faust ins Gesicht geschlagen.
Die beiden Opfer waren zuvor aus dem Club geworfen worden, weil sie den Angeklagten schon drinnen in eine Rangelei verwickelt hatten.Samuel, ein 26-jähriger Schweizer, ist ein grossgewachsener aber schmächtiger Mann mit Igelifrisur. Fünf Mal stand er schon vor Gericht seit er 15 ist, immer ging es ums Gleiche: Er hatte jemandem die Faust ins Gesicht geschlagen. Immer war er mit Geldstrafen und Bewährung davongekommen.
«Er hat mich provoziert»
Diesmal sollte es anders sein: Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte ihn am 6. Juli 2016 zu 34 Monaten Haft, wovon er 15 verbüssen müsste. Der Hauptvorwurf lautete versuchte schwere Körperverletzung. «Sie wissen, dass Sie bei einem Faustschlag ins Gesicht im schlimmsten Fall mit lebenslanger Invalidität rechnen müssen?», fragte auch der Richter am Zürcher Obergericht. «Das wusste ich nicht», antwortete der Angeklagte. «Ich wollte ihm nur einen Denkzettel verpassen. Er hatte mich provoziert.»
Tatsächlich belegen Aussagen des Opfers sowie Zeugenaussagen, dass der Streit im Club vom späteren Opfer und dessen Kumpan provoziert worden war. Das Motiv war Eifersucht und Machogehabe: Das spätere Opfer war der Ex-Freund von Samuels Lebenspartnerin. Die beiden jungen Männer pöbelten Samuel und seinen Bruder an, schlugen auch zu und folgten den beiden ins Fumoir, wo der Streit eskalierte, bis die Security einschritt.
«Ich wollte ihm einen Denkzettel verpassen.»
Durchs Fenster beobachtete er die später beiden Provokateure, wie sie vor dem Club standen. Dann stürmte er raus und versetzte beiden einen Faustschlag ins Gesicht. «Ich wollte das Überraschungsmoment nutzen», sagte er vor Gericht. Er sei davon ausgegangen, dass sie ihm ohnehin auflauern wollten.
Die Gefängnisstrafe käme für Samuel zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Er, der keine Lehre absolviert hat und jahrelang auf dem Bau jobbte, hat einen stabilen Job als Bademeister und Gemeindearbeiter annehmen können. In den Ausgang gehe er seit dem Vorfall nicht mehr, beteuert er. Die Abende verbringe er mit seiner langjährigen Freundin. «Die Stelle und die Beziehung, die ihm in den letzten zwei Jahren viel Stabilität gegeben haben, wären durch eine Haftstrafe gefährdet», mahnte sein Anwalt.
Tagsüber ein freier Mann
Das Obergericht kam dem rückfälligen Prügler ein Stück weit entgegen. Weil es den Vorfall vor dem Club nur als leichte Körperverletzung wertete, reduzierte es das Strafmass auf 27 Monate, wovon zwölf Monate abzusitzen sind. Dies könne allerdings in Halbgefangenschaft geschehen, wodurch Samuel seinen Job weiterhin ausüben könnte. Nicht erspart bleiben ihm die finanziellen Folgen: Er muss dem Opfer 7000 Franken Genugtuung zahlen dazu kommen viele tausend Franken Gerichtskosten. Der sechsfach verurteilte Schläger bleibt also tagsüber ein freier Mann. Bei einem weiteren Rückfall innert der nächsten vier Jahre darf er nicht mehr mit dieser Milde rechnen, dann winken 15 Monate Vollzeithaft.
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