Kolumne TribüneDanke, lieber Ex!
Einen Auftrag wie diesen erhielt Audiobiografin Franziska von Grünigen noch nie.

Vor ein paar Wochen beschäftigte mich ein neuartiger Audiobiografie-Auftrag: eine Hommage an einen Ex-Partner. Richtig gelesen. Eine Kundin hatte mich um Hilfe gebeten, um ein Dankeschön für ihren Mann aufzunehmen. Ihr Mann, der schon bald ihr getrennter Mann sein würde. Rechtzeitig zum Auszug aus der gemeinsamen Wohnung wollte sie ihm ihr akustisches Danke überreichen.
Ein Dankeschön als Wertschätzung für all das, was die beiden in turbulenten Zeiten miteinander geschafft haben. Ein Dankeschön als Antithese zum Rosenkrieg, der nach Trennungen so oft herrscht. Ein Dankeschön als Möglichkeit, jene Dankeschöns nachzuholen, die in der nervenaufreibenden Zeit manchmal vergessen gingen. Ein Dankeschön an den Ex!
Diese Idee war so bestechend schön, dass ich gleich Feuer und Flamme war. Wir definierten genau, was es sein soll (eine wertschätzendes Loslassen) und was nicht (ein Versuch, ihn zurückzugewinnen), und kamen zum Schluss, dass dieses Dankeschön zu einer lebendigen Hommage an den Ex-Partner werden soll – mit Erinnerungen an gemeinsame Momente, die nachhaltig prägend waren. Mit Schilderungen von seinen Stärken als Vater, als Mann. Mit all den positiven Spuren, die er bei meiner Kundin hinterlassen hat.
Entstanden ist ein «Hommage an»-Fragenkatalog, der unterdessen auch für beste Freundinnen, unverzichtbare Väter, geliebte Partnerinnen und Partner und andere Herzensmenschen zum Einsatz kam. Gerade diese Woche habe ich durch die Aufnahmen mit zwei Müttern deren beeindruckende Teenager kennen gelernt: B. ist 15 und streichelt ihrer Mama jeweils den Rücken, wenn diese über der Kloschüssel hängt und sich übergeben muss. A. ist 13 und sagte seiner Mutter im letzten Jahr mehrfach «Wir schaffen das!», wenn sie auf dem Sofa sass und weinte. Beide werden von ihren Müttern bald eine Hommage in Händen halten, in denen die Frauen ihnen erzählen, worüber sie miteinander lachen, welche Abenteuer sie gemeinsam gemeistert haben und was sie besonders gerne mit ihnen machen. Diese Worte werden bleiben – egal wie das Leben dieser Familien weitergeht.
Komplimente tun gut, verbinden, öffnen Herzen. Deshalb lade ich Sie ein, gleich heute ein paar davon an Ihre Lieblingsmenschen zu verteilen: Weiss Ihre beste Freundin, wofür Sie ihr dankbar sind? Weiss Ihr Nachbar, weshalb Sie seine Gegenwart schätzen? Weiss Ihre Tochter, wofür Sie sie bewundern? Sagen Sie es ihnen – am Telefon, per SMS, im Treppenhaus, am Küchentisch.
Franziska von Grünigen ist Radiofrau, Audiobiografin und Winterthurerin.
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