125 Jahre MusikvereinDas «elende Gefolge» und der unzufriedene Dirigent
Vier Anekdoten aus der 125-jährigen Geschichte des Musikvereins Neftenbach.
Am 24. Januar vor genau 125 Jahren wurde in Neftenbach die Musikgesellschaft Alpenrösli gegründet. Inzwischen ist daraus der Musikverein Neftenbach geworden. «Der Verein hat Weltkriege, Weltwirtschaftskrisen und Wertewandel überstanden – die Freude an der Musik war immer stärker als die Widerstände», sagt Vereinssprecher Alex Epprecht. In der Hoffnung, dass das auch während der Corona-Krise so bleiben möge, hat er für den «Landboten» vier Anekdoten aus 125 Jahren Vereinsgeschichte zusammengetragen. Diese sind allesamt historischen Versammlungsprotokollen entnommen.
Der unbeliebte Präsident und sein «elendes Gefolge»
Offenbar hat an der vorangehenden Probe der vormalige Präsident Gottfried Läubler den Verein verlassen. Was da genau vorgefallen ist, ist nicht überliefert. An der dadurch nötig gewordenen ausserordentlichen Generalversammlung wurde wie in solchen Situationen üblich ein neuer Präsident gewählt. Auf eine eingeschränkte Harmonie zwischen den damaligen Mitgliedern und dem Präsidenten deutet der Eintrag zum Traktandum sechs: «… Nach langer hartnäckiger Diskussion wird einstimmig beschlossen, denselben mit seinem ganzen elenden Gefolge auszuschliessen.»

Ein geschenktes Velo für das pünktliche Erscheinen
An den obligatorischen Monatsversammlungen musste der Vereinsquästor jeweils die Bussen für Absenzen an Proben und dergleichen einziehen. Es herrschte ein strenges Regime. Am 20. April 1901 zeigte sich der Verein aber grosszügig: Ein Mitglied stellte den Antrag, dass man ihm zur Erleichterung, an den Proben pünktlich zu erscheinen, ein Velo anschaffe. Mit Erfolg: Die Mitglieder beschlossen, ihm für insgesamt 85 Franken ein solches zu kaufen.
Der Dirigent, der das Niveau seiner Gruppe anzweifelte
Später wurden die Versammlungen nur noch pro Quartal abgehalten. Am 6. Dezember 1947, der Verein hatte gerade sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert, wurde die Teilnahme am Eidgenössischen Musikfest in St. Gallen 1948 heiss diskutiert. Der Dirigent meinte: « … dass wir es kaum wagen dürfen, das Fest zu besuchen.» Offenbar war er vom musikalischen Niveau nicht sonderlich überzeugt. Auch der damalige Kassier warnte vor finanzieller Überlastung, kostete doch die Teilnahme mindestens 400 Franken. Nach anderthalbstündiger Diskussion entschieden sich die Mitglieder dennoch mit 15 zu 5 Stimmen und einer Enthaltung für die erstmalige Teilnahme an einem Eidgenössischen.
Die ersten Frauen im Verein
Im Traktandum «Ein- und Austritte» wird trocken vermerkt, dass aus den Reihen der Jungbläser Fräulein Frieda Meier und Fräulein Alice Lörli einstimmig als Aktivmitglieder gewählt werden. Die ersten zwei Frauen im Verein wurden bereits im Herbst durch eine dritte ergänzt, eine gewisse Ingrid Wolfensberger, welche heute noch als Ingrid Rozzi dabei ist. Viel mehr als die Aufnahme gab die Einkleidung zu diskutieren: Es gab grosse Diskussionen um die Anschaffung der Bekleidung für die beiden Mädchen. Schliesslich wurde der Antrag gestellt, dass diese vom Verein zu übernehmen sei, was die Versammlung mehrheitlich genehmigte.

Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums sind für den Musikverein derzeit aus bekannten Gründen nicht möglich. Die Abendunterhaltung von Ende Januar musste Corona-bedingt abgesagt werden. Das Jubiläumsfest wird deshalb auf Ende Mai verschoben. Dann wird der Musikverein – sofern es denn möglich ist – an der örtlichen Dorfet auftreten.
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