Abstimmungen und WahlenWinterthur sagt Ja zu Netto-Null 2040
Jetzt ist es definitiv: Die Winterthurerinnen und Winterthurer wollen, dass die Stadt bis 2040 klimaneutral wird. Mit 60,4 Prozent fiel der Stichentscheid deutlich aus.
Cedric Eigner sitzt für die AL im Gemeinderat. Das Abstimmungsergebnis findet er «erfreulich». Es sei ein «Schritt in die richtige Richtung».
Zum Austritt aus der Klimaallianz sagt Eigner, dass einige Mitglieder an der Basis den Schulterschluss mit Mitte und GLP nicht goutiert hätten. Auch sei die AL mit einigen Lösungsschritten der eher bürgerlichen Parteien nicht einverstanden gewesen. «Der Austritt hat sich in den letzten zwei Wochen abgezeichnet.»
Eine weitere Klimakoalition schliesst Eigner nicht aus. «Die müsste aber linker sein und das Soziale mehr in den Vordergrund stellen.» Konkret nennt er gratis ÖV oder klimafreundlichen und günstigen Wohnraum.
Eigner findet, die AL ziehe sich mit dem Austritt aus der Allianz nicht aus der Verantwortung. «Wir werden uns weiterhin fürs Thema Klima und für Netto null 2030 einsetzen.» Die AL verstehe sich zudem nicht als klassische politische Partei, sondern auch als Sprachrohr von Bewegungen, die nicht im Gemeinderat sitzen wollten. (dvw)
Kurzanalyse: In allen Wahlkreisen wurden beide Optionen angenommen, 2040 und 2050. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede, gerade bei der ambitionierteren 2040-er-Variante. In Seen stimmten nur knappe 50,2 Prozent dafür, in der Altstadt waren es 73 Prozent, drei von vier Wählerinnen und Wählern. Beim Stichentscheid zeigt sich ein ähnliches Bild. Doch dort ist die Zustimmung zu 2040 bei der Stichfrage in den Kreisen Seen und Wülflingen gar leicht höher, als der Netto 2040-Ja-Anteil, was auf den ersten Blick etwas erstaunt. (hit)
Stichentscheid, Ja-Anteil «Netto-Null bis 2040», in Prozent
Total: 60,4
Altstadt: 70,1
Oberwinterthur: 58,3
Seen: 51,4
Töss: 55
Veltheim: 67
Wülflingen: 53,6
Mattenbach: 64
Ja-Anteil «Netto-Null bis 2040», in Prozent
Total: 61,3
Altstadt: 73
Oberwinterthur: 59,5
Seen: 50,2
Töss: 55,8
Veltheim: 68,8
Wülflingen: 53,5
Mattenbach: 65,1
Ja-Anteil «Netto-Null bis 2050», in Prozent
Total: 63,6
Altstadt: 71,4
Oberwinterthur: 60,8
Seen: 59,5
Töss: 59,9
Veltheim: 69,6
Wülflingen: 57,2
Mattenbach: 63,1

Selma Wydler vom Klimastreik ist glücklich über das klare Ja zu Netto null 2040. «Das ist mega toll für uns, wir haben ja auch wirklich viel in diese Abstimmung investiert.»
Die Ergebnisse zeigten, dass die Winterthurer Bevölkerung hinter einer ambitionierten Klimapolitik der Stadt stehe. Wydler sagt, der Austritt des Klimastreiks aus der Klimaallianz sei kein Widerspruch zur Unterstützung des Klimaziels 2040 – bisher. «Wir konnten in diesem Jahr viel erreichen. 2040 ist für uns aber ein Zwischenziel. Ab jetzt sehen wir unsere Rolle wieder ausserhalb der Politik und fordern Netto null bis 2030.»
Die Parteien der Klimaallianz hätten verständnisvoll auf den Austritt des Klimastreiks reagiert. Man bleibe im Austausch. (dvw)
«Ich strahle immer noch wie ein Marienkäfer», freut sich Katrin Cometta, GLP-Stadträtin und Umweltvorsteherin, über das deutliche Resultat zur Netto-null-Abstimmung. Eine grosse Mehrheit der Winterthurerinnen und Winterthur sprach sich am Sonntag für das ehrgeizigere Klimaziel – netto null Tonnen CO₂-Emissionen bis 2040 – aus. «Das heutige Resultat ist ein klarer Auftrag an den Stadtrat und die Verwaltung», sagte Cometta an der Medienkonferenz am späten Nachmittag. Nun gelte es, kleine und grosse Massnahmen umzusetzen. Das Resultat sei aber auch ein Auftrag an das Stadtparlament, die nötigen Entscheide mitzutragen. Zudem müsse jeder Einzelne seinen Beitrag leisten. (dba)

Bei der Netto-null-Abstimmung lag die Stimmbeteiligung 62 Prozent, was ausserordentlich hoch ist. Am höchsten war sie in der Altstadt mit 68,6 Prozent. Am tiefsten in Töss mit 54,6 Prozent. (dba)
Die Klimaallianz, bestehend aus der Klimastreik-Bewegung, den Parteien EVP, SP, GLP, Grüne und AL sowie dem Stadtrat, schreibt in einer Medienmitteilung, die Allianz sei sehr erfreut über den Abstimmungsausgang.
Die Parteien und die Klimastreik-Bewegung hätten in den vergangen Wochen entschlossen und kooperativ als Klimaallianz zusammengearbeitet. «EVP, SP, GLP und Grüne sind sich einig, den Verein als klimapolitisches Forum für den konstruktiven Dialog und zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses weiterführen zu wollen.»
Die Klimastreik-Bewegung und die AL haben am Abstimmungssonntag ihren Austritt aus dem Verein Klimaallianz 2040 bekanntgegeben. (dvw)

Gemeinderat Urs Bänziger (FDP) freut sich über die Abstimmungsergebnisse, auch wenn er in der Stichfrage für Netto null 2050 geweibelt hatte. «Winterthur hat heute doppelt gewonnen und einmal verloren», sagt er. Dass der Kanton Zürich das Energiegesetz und Winterthur ein Netto-null-Ziel angenommen habe, sei sehr wichtig.
«Ich bin zufrieden und nehme auch das Ziel Netto null 2040 gern entgegen.» Jetzt müsse aber geliefert werden. Bänziger sagt, seine Partei werde nun genau hinschauen, ob griffige Massnahmen aus ideologischen Gründen abgelehnt oder schwache Massnahmen «nur fürs Fotoalbum» vorgeschlagen würden. (dvw)

Gemeinderat Marc Wäckerlin (SVP) ist nicht glücklich über die Abstimmungsresultate. Überraschen tun sie ihn aber auch nicht. «Dieses Ziel bringt nicht viel, es ist nicht realistisch. Aber es hilft dem Stadtrat, seine links-grüne Politik weiterzuführen wie bisher.»
Den starken Rückhalt im Volk für Netto null 2040 erklärt sich der SVP-Pirat so: «Die Leute haben nicht verstanden, was ein klimaneutrales Winterthur bis 2040 bedeuten würde und was das kostet.» (dvw)

Gemeinderat Reto Diener (Grüne) sagt zu der starken Zustimmung für Netto null 2040: «Unsere Freude ist riesig, dass dieser Kompromiss aus dem grünen Lager nun so breit abgestützt ist.»
Der Austritt der AL und des Klimastreiks aus der Klimaallianz erschüttert Diener wenig. «Ihnen reicht 2040 nicht. Sie handeln konsequent zu ihrer Grundhaltung. Wir finden ja ein früheres Datum auch besser, aber wir halten es politisch eben für unrealistisch.»
Alle drei Player hätten laut Diener aber dasselbe Ziel: Einen schnellen CO2-Ausstieg. «Ich denke, die AL und der Klimastreik werden situativ bei Massnahmen wieder Koalitionen mit uns bilden.» (dvw)
Auch der eher bürgerlich geprägte Stadtkreis sprach sich für das ehrgeizigere Klimaziel aus. Die Resultate im Detail:
Netto null bis 2050: 59,4 Prozent
Netto null bis 2040: 50,2 Prozent
Stichfrage: 51,4 Prozent für netto null bis 2040 (dba)
Der Anschlussvertrag der Kommunalpolizei Region Pfäffikon kann erneuert werden. Alle drei Partnergemeinden - Russikon, Fehraltorf und Pfäffikon - stimmen dafür.
Netto-Null bis 2040 oder erst bis 2050? In allen sieben Winterthurer Wahlkreisen wurden beide Vorlagen angenommen. Die Stichfrage musste entscheiden. Und dort heisst es: 60,4 Prozent für die ambitioniertere Variante «2040». (hit)

Die Stadt Winterthur schaltet die Resultate der Abstimmung laufend auf ihrer Website auf. Die Darstellung ist bei der Stichfrage allerdings etwas missverständlich. Die Nein-Stimmen stehen für netto null bis 2040. Die Ja-Stimmen für netto null bis 2050. (dba)
Auch die Stimmberechtigten in Wülflingen sprechen sich für das ehrgeizigere Klimaziel netto null bis 2040 aus.
Netto null bis 2050: 57,2 Prozent
Netto null bis 2040: 53,5 Prozent
Stichfrage: 53,5 Prozent für netto null bis 2040
Nun fehlen nur noch die Resultate aus Seen. (dba)
Nach dem Klimastreik verlässt auch die Alternative Liste (AL) die Klimaallianz. «Die Abstimmung zu Netto Null CO2 Emissionen bis 2040 ist gewonnen und somit ist es Zeit, sich neu zu orientieren», schreiben die beiden AL-Gemeinderäte Roman Hugentobler und Cedric Eigner in einer Mitteilung. Mit dem Erreichen des Ziels netto null bis 2040 müsse die städtische Klimapolitik neu gedacht werden: «Die Alternative Liste ist überzeugt, dass dies mit der Klimaallianz in der jetzigen Form nicht möglich ist.»
Die Klimaallianz sage Ja zu kleinen Projekten, für die grossen Würfe sei jedoch keine Mehrheit zu finden. Als Beispiele werden ein kostenloser ÖV und ein stärkeres Engagement der Stadt in der Wohnpolitik genannt. Die AL sei nicht länger bereit, die «faulen Kompromisse» der Klimaallianz mitzutragen: «Wir wollen nicht ein grünes Feigenblatt für bürgerliche Parteien sein.» (dba)
red
Fehler gefunden?Jetzt melden.