Kolumne «Lomo»Der Binotto-Fall
Diese Kolumne wird gelesen, auch bei Pensionskassen. Eine davon will nach der Lektüre ihre Gelder anders verwalten.

Und da soll mal noch jemand sagen, es sei alles vergeblich. Vor einigen Wochen hab ich darüber geschrieben, wie ich bei meiner Uni-Pensionskasse aufgrund schwankender Lehrverpflichtungen dauernd in die Pensionskasse hinein- und wieder herausrutsche.
Unterdessen habe ich Post gekriegt, und zwar liest offenbar auch meine Pensionskasse diese Kolumne und hat mir versichert, man sei nun daran, derartige Fälle in Zukunft anders zu verwalten.
Ich hatte dann natürlich umgehend ein schlechtes Gewissen und gleich bei der Pensionskasse angerufen, um mich zu entschuldigen, denn schliesslich wollte ich mit meinem Geschreibe nur amüsante Unterhaltung und nicht etwa ernsthafte Klage vom Stapel lassen. Mir wurde aber versichert, dass man tatsächlich froh gewesen sei um meinen Hinweis, denn Fälle wie meiner seien durchaus nicht selten.
«Ich mache mir keine Illusionen: Ein Denkmal wird man mir bestimmt niemals errichten.»
So fühle ich mich nun doch sehr geschmeichelt ob dem Wissen, dass die eigene Kolumne, wenn schon nicht Einfluss auf die Weltliteratur, so doch wenigstens Einfluss auf eine Pensionskassensoftware haben kann.
Ich mache mir keine Illusionen: Ein Denkmal wird man mir bestimmt niemals errichten, und auch ein Stern wird wohl kaum nach mir benannt werden. Dafür aber kann ich mir neuerdings einbilden, dass im Rechner meiner Pensionskasse dereinst ein Algorithmus laufen wird, der meinen Namen trägt. Der Literaturkritik bin ich unbekannt, im Lexikon ist kein Eintrag zu mir geplant, der Sachbearbeiter der Pensionskasse indes benutzt vielleicht meinen Namen bald wie eine Gattungsbezeichnung: «Du Silvia, das neue Dossier da, ich glaub, das ist wieder so ein Binotto.»
Zugleich aber bringt mich diese für mich überraschende Entwicklung natürlich auch unter Zugzwang: Denn wenn ich schon damit aufgeschnitten hab, dass bei mir die Lehrverpflichtungen schwanken, dann muss ich jetzt natürlich auch in Zukunft dafür sorgen, dass das so bleibt.
Nichts wäre peinlicher, als wenn ich jetzt als nächstes ganz aus der Pensionskasse fiele und nie mehr reinkäme. Da macht man sich extra den Aufwand und richtet den Binotto-Alogrithmus ein, und dann ist der Binotto selber schon gar nicht mehr davon betroffen. Wie doof sähe denn das aus!
Drum werd ich mich in Zukunft noch stärker drum bemühen müssen, auch weiterhin ein möglichst unstetes Dozentenleben zu führen. Ich finde, ich bin das meiner Pensionskasse schuldig.
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