Superstar Bad BunnyEr greift nach dem ersten Grammy für ein Latin-Album
Bad Bunny dominiert die Topcharts, kann mit Stars wie Taylor Swift mithalten und schreibt jetzt Grammy-Geschichte: Wieso man den puerto-ricanischen Reggaeton-Sänger unbedingt kennen sollte.

Mit Songs wie «Me Porto Bonito», «Efecto» oder «Tití Me Preguntó» dominiert der Latin-Sänger und Rapper Bad Bunny die Charts – nicht nur die spanischen. Ein Blick in die globalen Spotify-Charts zeigt: Der 28-Jährige reiht sich mühelos neben englischsprachigen Musikgrössen wie Taylor Swift, Drake oder Beyoncé ein.
Doch trotz seiner Omnipräsenz und seines kometenhaften Aufstiegs scheint er hierzulande noch nicht allzu bekannt zu sein. Dies dürfte sich spätestens jetzt ändern: Denn mit seiner Nominierung für das Grammy-Album des Jahres schreibt er Geschichte. Der Grund: Sein viertes Studioalbum «Un Verano Sin Ti» («Ein Sommer ohne dich») ist das erste spanischsprachige Album, das in der Geschichte des Grammys jemals für den prestigeträchtigsten Musikpreis der Welt nominiert wurde.
Die Wahl der Jury kommt nicht ganz überraschend – «Un Verano Sin Ti» ist derzeit das meistgestreamte Album des Jahres 2022. Bereits am Tag seiner Veröffentlichung wurde es 183 Millionen Mal angehört – und stiess damit das Album «Certified Lover Boy» von Rapper Drake mit 176 Millionen Streams vom Thron. Mit einem lebensbejahenden Mix aus Latin Trap, Pop-Punk, Bachata, Reggaeton und Synth-Pop hat es Bad Bunny geschafft, sich zu einer globalen Marke zu entwickeln.
Vom Supermarktangestellten zum Superstar
Begonnen hat Benito Antonio Martínez Ocasios beziehungsweise Bad Bunnys Geschichte – sein Künstlername ist von einem Kostüm aus seiner Kindheit inspiriert – in der Kleinstadt Vega Baja in Puerto Rico. Dort tütet er in einem Lebensmittelgeschäft die Einkäufe ein, nebenbei lädt er auf der Musikplattform Soundcloud eigene Musikmixe hoch – und wird just vom Musiklabel Hear this Music unter Vertrag genommen. Schon bald arbeitet er als Feature mit Stars wie J Balvin und Cardi B zusammen. Ihr gemeinsamer Song «I Like It» führt 2018 mehrere Wochen lang die Billboard 100 Charts an – und verhilft Bad Bunny zum internationalen Durchbruch.
Im selben Jahr erscheint sein Debütalbum «X 100pre». Die Zeitschrift «Rolling Stone» ehrt es sogleich mit Platz 41 der 100 besten Debütalben aller Zeiten. Dass man es bei Bad Bunny mit einem absoluten musikalischen Überflieger zu tun hat, zementiert er spätestens 2020, als sein Album «YHLQMDLG» von Spotify zum Album des Jahres gekürt und Bad Bunny mit 8,3 Milliarden Streams zum meistgestreamten Künstler des Jahres ernannt wird. Auch ein Jahr später kann er den Titel halten, seither bricht er fast monatlich Rekorde.
«Es war, als läge ich in einem Koma», beschreibt Bad Bunny im GQ-Interview das Gefühl, plötzlich im Rampenlicht zu stehen. «Als ob zwei Jahre meines Lebens in einer Woche vergangen wären, wegen dieses plötzlichen Booms.» Doch trotz seines Superstar-Status stellt er gegenüber der «New York Times» klar: «Am Ende des Tages bin ich immer noch derselbe Mensch, der ich immer war. Es ist mir egal, wie die Welt mich sieht, ich muss wissen, wer ich bin», fuhr er fort. «Damit werde ich für immer glücklich sein.»
Bad Bunny rüttelt mit Miniröcken am Männerbild
Bad Bunny kann aber nicht nur hervorragend Musik machen. Das Multitalent ist seit neustem Hobby-Wrestler. Jüngst hatte er zudem sein Filmdebüt und bekämpfte im Actionthriller «Bullet Train» ausgerechnet Brad Pitt mit seinen Fäusten. Auch das nächste Projekt ist bereits in Arbeit. 2024 wird er in einem Marvel-Film, dem «Spider-Man»-Spin-off «El Muerto», in der Hauptrolle zu sehen sein.
Doch der 28-Jährige ist auch politisch engagiert – und spricht offen über die Missstände in seinem Heimatland. In sein Musikvideo zum Song «El Apagón» baute er einen 18-minütigen Dokumentarfilm über Puerto Ricos Stromnetzausfälle, Gentrifizierung und Kolonialismus ein. «Ich mache auch heute noch in erster Linie Musik für die Menschen in Puerto Rico. Ich mache Musik von hier aus, damit der Rest der Welt sie hören kann», sagte Bad Bunny in einem Interview mit Apple Music.
Zur Ikone geworden ist Bad Bunny auch durch seinen einzigartigen Modestil. Denn der 28-Jährige hebt sich ganz klar vom stereotypischen Erscheinungsbild eines männlichen Sängers und Rappers ab. Der Star, der sich selbst als heterosexuell, aber fluid bezeichnet, kleidet sich gern nonbinär. Während sein Markenzeichen schräge getönte Brillen, lustige Hüte und grelle Farben sind, tritt er auf dem roten Teppich auch einmal im Rock und in Strumpfhosen auf, posiert auf Social Media in Croptops oder High Heels.
«Wenn alle nach rechts gehen, geht Bad Bunny nach links», schrieb der kolumbianische Sänger J Balvin über seinen Kollegen, als er von «Time» zu den hundert einflussreichsten Menschen 2021 gewählt wurde. «Er ist ein Verfechter der Selbstentfaltung: Wenn du einen Minirock tragen willst, dann tu das einfach. Wenn du Lippenstift benutzen willst, nur zu. Mach, was auch immer du willst. Diese Freiheit kommt bei den Leuten sehr gut an.»
Doch Bad Bunny steht auch für andere Veränderungen. Die lange Zeit als zu nischig betrachtete lateinamerikanische Musik erlebt gerade einen riesigen Boom. Dazu beigetragen haben neben Bad Bunny andere Latin-Sänger und -Sängerinnen wie Rosalía, Anitta und Maluma. Nach Angaben von Spotify streamt nun die Hälfte der Nutzer weltweit jeden Monat mindestens einen lateinamerikanischen Song. «Die lateinamerikanische Musik hat gerade Konjunktur», sagt auch Gary Gersh, ein langjähriger Musikmanager bei der Konzertfirma AEG Presents zur «New York Times». «Aber sie wird nicht verschwinden. Der Damm ist gebrochen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.