Flüchtiger Einsiedler gefasst«Schwarzwald-Rambo» sass im Gebüsch mit Waffen vor sich
Deutschen Ermittlern ist die «vorläufige Festnahme» des gesuchten Einsiedlers gelungen. Fünf Tage zuvor hatte er vier Polizisten entwaffnet.
Die Suche ist vorbei. Der Mann, ein Waffennarr, ein Waldläufer, wie ihn die deutschen Ermittler nennen, ist gefasst. Tagelang war der 31-Jährige im Schwarzwald bei Oppenau auf der Flucht vor der Polizei. Vor Helikoptern mit Wärmebildkameras, Spezialkräften, Suchhunden. Der Mann hatte vier Polizisten bei einer Kontrolle in einer Gartenhütte bedroht, die er illegal genutzt hatte. Er nahm ihnen die Dienstwaffen ab und verschwand im Wald. Spurlos. Jetzt hat die Polizei ihn gefasst.
Spezialkräfte finden ihn am frühen Freitagabend nach einem Hinweis von Zeugen in einem Gebüsch, dort sitzt er, vier Pistolen «sichtbar vor sich hingelegt», wie Einsatzleiter Jürgen Rieger am Abend bei einer Pressekonferenz schildert. Der Mann hat ein Beil auf dem Schoss und einen Brief dabei. Bei der Festnahme wird er leicht verletzt, ebenso wie ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos. Der genaue Ablauf müsse noch geklärt werden – ob sich der 31-Jährige «leicht gewehrt hat oder aktiven Widerstand geleistet hat», sagt Rieger.
Für den beschaulichen Ort Oppenau endet eine nervenaufreibende Woche. Bürgermeister Uwe Gaiser sagt am Freitagabend: «Ich bin erleichtert, froh und dankbar, dass diese Ausnahmesituation für unsere Stadt beendet wurde.» Auch die Ermittler sind erleichtert, der öffentliche Druck während der Fahndung sei enorm gewesen.
Es ist ein Fall, der seit Tagen die Schlagzeilen bestimmt. Während der Mann spurlos verschwunden scheint, werden mehr und mehr Details über den Vorfall am Sonntagmorgen und den Flüchtigen bekannt. Der 31-Jährige ohne festen Wohnsitz war 2010 zu einer Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden. Er hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Pforzheim im Jahr zuvor mit einer Sportarmbrust auf eine Frau geschossen und diese schwer verletzt.
Wegen Volksverhetzung verurteilt
Ausserdem war er laut der Offenburger Staatsanwaltschaft als Jugendlicher unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Er habe mit 15 Jahren das Schild eines Jugendwerks durch Entfernen und Hinzufügen von Buchstaben so verändert, dass die Aufschrift die Worte «Juden weg» enthielt. Die Jugendstrafe von acht Monaten mit Bewährung wurde nach einer Phase ohne Vorkommnisse erlassen. Danach habe es keine weiteren Ermittlungsverfahren wegen politisch motivierter Straftaten mehr gegeben.
In der Gartenhütte in Oppenau, in der die jüngsten Ereignisse beginnen, hatte der Mann sich ohne Erlaubnis häuslich eingerichtet – der Besitzer rief die Polizei. Vier Beamte rückten daraufhin am Sonntagmorgen für eine Kontrolle zu der Hütte aus.
Was dort geschah, schildern die Ermittler der Öffentlichkeit zwei Tage nach dem Vorfall. Der 31-Jährige habe beim Eintreffen der Beamten hinter einem Tisch gesessen und einen entspannten Eindruck gemacht. In der Hütte befinden sich auch Pfeil und Bogen sowie Munition. Die Situation eskaliert, als die Polizisten ihn auffordern, die Hütte zu verlassen, und ihn durchsuchen wollen. Da habe der Mann plötzlich eine Schusswaffe gezogen und diese auf einen der Beamten gerichtet.
Er fordert die Einsatzkräfte auf, ihre Waffen auf den Boden zu legen, nimmt sie an sich und flieht. Der Ablauf wirft zunächst Fragen auf. Wie können sich die ausgebildeten Polizisten von dem Mann so entwaffnen lassen? Der Offenburger Polizeipräsident Reinhard Renter hat darauf eine klare Antwort. Die Lage sei zumindest für einen Kollegen lebensbedrohlich gewesen, sagt er. Nur durch das besonnene Verhalten der Polizisten habe es keine Verletzten gegeben. Sie hätten alles richtig gemacht.
Psychiater soll den 31-Jährigen begutachten
Hunderte Polizisten durchkämmen danach tagelang die Region um Oppenau, Helikopter mit Wärmebildkameras sind im Einsatz, Spezialkräfte, Polizeipsychologen. Noch am Freitagnachmittag appelliert Polizeipräsident Renter schliesslich an den 31-Jährigen: «Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.» Das könne auch über Freunde oder Familie geschehen. «Das ist ein Weg, gesund für alle herauszukommen.» Nur wenige Stunden später dann die Nachricht: Die Polizei hat den 31-Jährigen vorläufig festgenommen.
An diesem Samstag soll der Mann einem Haftrichter vorgeführt werden. Die Ermittler wollen ausserdem mehr über den Mann und seine Beweggründe erfahren. Ein Psychiater soll den 31-Jährigen begutachten. Dies sei wegen des «Schwergewichts der Tat» und der Vorgeschichte des Mannes nötig, sagt Oberstaatsanwalt Herwig Schäfer am Freitag. Zudem werde bei ihm eine Blutprobe entnommen, um zu prüfen, ob der Mann «Substanzen, Medikamente oder Rauschmittel» eingenommen hatte.
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Hier im Forum werden ein paar Unwahrheiten und falsche Annahmen verbreitet. Deshalb hier diesbezüglich ein paar Fakten:
- Die Hütte wurde nicht von Y.E.R. illegalerweise gebaut, sondern er hat illegal in dieser Hütte über längere Zeit gehaust.
- Der Eigentümer der Hütte hat die Polizei aufgeboten, die Hütte zu räumen. Es wurden 4 Polizisten aufgeboten, weil der Hütten-Eigentümer einen Pfeilbogen erwähnt hat. Ob die Polizisten gewusst haben, um wen es sich genau handelt (bezüglich Vorstrafen etc.), ist momentan nicht bekannt. Nach Ankunft verblieben die 4 Polizisten vor der Hütte und Y.E.R. hat ihnen die verlangten Gegenstände (Pfeilbogen, Weste etc.) ausgehändigt. Erst nachdem ein Polizist die Hütte betreten hatte, zog Y.E.R. eine Waffe und bedrohte diesen damit. Warum nur 1 einzelner Polizist die Hütte betrat, und warum die Polizisten nicht vorher schon mit vorgehaltenen Waffen die Situation unter Kontrolle gebracht haben, ist mir auch schleierhaft. Aber deswegen von "Unfähigkeit" oder "Narren" zu sprechen, geht zu weit.
- Der Sucheinsatz hat nicht "zehntausende Euro Kosten" verursacht und es waren auch nicht "Tausende von Beamten mit Hunderten von Einsatzfahrzeugen" im Einsatz. Es waren ca. 500 Beamte (inkl. Sondereinheiten) im 24/7-Schichtbetrieb über 5 Tage im Einsatz. Mit der dazugehörigen Technik (u.a. Hubschrauber mit Wärmebildkameras etc.) werden sich die Kosten auf ein paar Millionen Euro belaufen.