Heute vor 184 JahrenDie Einbürgerungswelle von Schottikon
In unserer Rubrik «Heute vor …» finden Sie regelmässig historische Geschichten und Anekdoten aus dem Eulachtal.

In den Jahren 1838 und 1839 hat die damals noch eigenständige Gemeinde Schottikon gleich sechs deutsche Akademiker ins Gemeindebürgerrecht aufgenommen. Mögliche Gründe für diese Einbürgerungswelle sind schnell gefunden. Deutschland bestand damals aus vielen selbstständigen Staaten, die meist von absolutistischen Fürsten regiert wurden. Dagegen regte sich vor allem bei jungen Intellektuellen ein grosser Widerstand. Oppositionelle wurden jedoch politisch verfolgt. Als im Kanton Zürich 1831 die neue liberale Verfassung in Kraft trat, führte dies dazu, dass in der Folge viele deutsche Akademiker in die Schweiz flüchteten.
Einbürgerungen liefen damals noch deutlich einfacher ab als heute. Damit jemand das Schweizer Bürgerrecht erhielt, genügte die Zustimmung der stimmberechtigten Bürger in der gewünschten Heimatgemeinde. Selbst Ausländer, die noch keinen einzigen Tag in der Schweiz gewohnt hatten, konnten ohne weiteres aufgenommen werden. In einem Beitrag in der «Elsauer Zytig» vom März 1990 mutmasst der Autor, dass Schottikon damals unter den politischen Flüchtlingen als «Geheimtipp» für erfolgreiche Einbürgerungen galt.
Erfolgreiche Einwanderer
Der wohl bekannteste der sechs eingebürgerten Schottiker war Friedrich Hermann Sauppe. Der Dresdner trat 1833 seine erste Stelle als Lateinlehrer am neu gegründeten Gymnasium Zürich an und war auch als Privatdozent an der Universität Zürich tätig. Gemäss einem Eintrag im Band 55 der «Allgemeinen Deutschen Biographie» ist ihm unter anderem die Einrichtung der Zürcher Kantonsbibliothek, der Vorgängerin der heutigen Zentralbibliothek, mit rund 25’000 Büchern zu verdanken. In Zürich fühlte er sich jedoch nie richtig zu Hause, weshalb er 1844 als anerkannter Akademiker nach Deutschland zurückkehrte und dort eine Stelle als Direktor am Wilhelm-Ernst-Gymnasium in Weimar antrat.
Für Eduard Fries wäre eine Rückkehr nach Deutschland wohl nicht möglich gewesen. Der Grünstädter flüchtete 1837 nach Zürich, weil er sich in Frankfurt an einem Umsturzversuch beteiligt hatte und in Deutschland wegen Hochverrats zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt worden war. 1839 erwarb er das Bürgerrecht von Schottikon, absolvierte in Zürich ein Medizinstudium und zog später in den Kanton Basel-Land, wo er gemäss kantonalem Personenlexikon unter anderem als Sanitätsrat und Militärarzt tätig war.
Nachkommen blieben in Schottikon
Dem erwähnten Beitrag in der «Elsauer Zytig» ist zu entnehmen, dass viele von Fries’ Nachkommen, darunter «auffallend viele Ärzte», in Schottikon blieben. Auch der Sachse Ernst Moritz Ludwig Ettmüller, der 1838 in Schottikon eingebürgert wurde, blieb bis zu seinem Tod in der Schweiz. Er war gemäss einem Beitrag in Band 6 der «Allgemeinen Deutschen Biographie» der erste Germanist, der an der Universität Zürich lehrte. 1863 wurde er zudem Professor für altdeutsche Sprache und Literatur.
Über den Verbleib der drei weiteren deutschen Einwanderer, die ab 1838 nach Schottikon kamen, ist nichts bekannt. Es sind dies der Musiklehrer Willhelm Krauskopf, der Dozent Ignaz Sartori und der Rittmeister Johann Georg Ost.
zim
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