Gastrokolumne AngerichtetFine Dining in der Aussenwacht
Das Restaurant Neuburg ausserhalb von Wülflingen lockt mit feinem Essen und familiärem Service. Die einzigen Fehler finden die Testesser auf der Karte.

Jeden zweiten Sommer findet in Neuburg ein Rutschbahnfest statt. Dafür baut der Fassdaubenclub jeweils eine 160 Meter lange Rutsche auf. In Filzsäcken saust man den Hügel runter und landet weich im Stroh. Neben dem Sommerfest hat die kleine Aussenwacht von Winterthur im Süden von Wülflingen noch eine zweite Attraktion zu bieten: das Restaurant Neuburg, das sich – so viel vorweg – auch im Winter lohnt. Bei unserem Besuch vor einer Woche ist das Lokal schon mit roten Rosen und Herzen für den Valentinstag geschmückt.
In den kalten Monaten bietet das Wirtepaar Bernadett und Iwan Poffet eine schöne Fondue-Auswahl (Käse und Fleisch) sowie Raclette an. Weil sich in der Gruppe nur eine Person für Fondue entschieden hätte, scheitert das Vorhaben an der 2-Personen-Regel. Auch für die (kalten) Tatar-Spezialitäten kann sich bei der Eiseskälte niemand erwärmen. Das ist aber kein Problem: Die Karte bietet – vor allem bei den Fleischgerichten – auch so eine genug grosse Auswahl. Vegan sind nur die hausgemachten, mit Blattspinat gefüllten Teigtaschen.
«Ich hätte nicht gedacht, dass man hier draussen so gut isst.»
Das Serviceteam bringt für den Anderthalbjährigen sofort einen Hochstuhl. Obwohl sich das Restaurant allmählich füllt, lässt die Aufmerksamkeit nicht nach. Nach dem Gruss aus der Küche, einer Blätterteig-Fleisch-Schnecke, kommen die Vorspeisen: ein gemischter Salat (11.50 Franken), ein Nüssli-Salat (14.50 Franken) und eine Ententerrine zum Teilen (18 Franken). Die Terrine wird mit Toast, Himbeer-Balsamico und Aprikosenschaum serviert, der sich auf dem Teller als Gelee entpuppt. Das Detail stört uns allerdings nicht im Geringsten, denn was Geschmack und Farbe betrifft, harmonieren die Komponenten ausgezeichnet.
Zum Hauptgang empfiehlt die Servicemitarbeiterin ein «Entrecote vom Alpstein» (39 Franken), das nicht auf der Karte steht. Obwohl wir, bemüht um eine kritische Haltung, regelrecht nach Mängeln suchen, finden wir nur einen Tick zu viel Salz in der Portweinsauce. Tadellos sind das Fleisch, die Spätzli und das Marktgemüse. Nur Lob gibt es für die anderen Hauptgänge: Zitronenravioli an Zitronen-Rahm-Sauce (26.50 Franken), Kalbssteak an Pilzrahmsauce und Nüdeli (44.50 Franken) sowie Schweinsmedaillons mit Calvados-Sauce und Rösti-Kroketten (38.50 Franken). Selbst das Kleinkind verschmäht nur den Rosenkohl, was man dem Restaurant nun wirklich nicht vorwerfen kann.
Beim Dessert gibt es nur eine (angenehme) Überraschung: Das Soufflé (14.50 Franken)– der «Geheimtipp 1» auf der Karte – ist kein luftiges Gebäck aus dem Ofen, sondern entpuppt sich als «luftig aufgeschlagenes Glace mit Grand Marnier», wie die Service-Mitarbeiterin erklärt. Der Begleiter, der in Neuburg eine einfache Ausflugsbeiz erwartet hätte, lobt auf dem Heimweg das hohe Niveau von Küche und Service: «Ich hätte nicht gedacht, dass man hier draussen so gut isst», sagt er. Der Rest schweigt zustimmend.
Restaurant Neuburg, Neuburgstrasse 63, 8408 Winterthur, 052 222 19 39, www.neuburg.ch
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