
Die Entscheidung ist eine Erleichterung für viele Sportlerinnen: Transfrauen sollen nicht länger in der Frauenkategorie starten dürfen, das hat der Leichtathletik-Weltverband letzte Woche beschlossen. Und der Beschluss gibt zu reden, auch in dieser Zeitung. Skurril sei er, so wurde hier gestern argumentiert, da es in der Leichtathletik gar keine Transfrauen auf Spitzenniveau gebe. Es handle sich also um ein nicht existentes Problem. Man habe ohne Datengrundlage einen symbolischen Entscheid gefällt, und zwar aufgrund von Emotionen statt Fakten. Viel klüger wäre es gewesen, von Fall zu Fall zu entscheiden.
Das ist, mit Verlaub, Humbug. Natürlich gibt es Daten zum Thema Transfrauen im Sport, etwa im Schwimmen, im Ringen, im Gewichtheben und in vielen anderen Disziplinen. Sie belegen den Vorteil der männlichen Biologie gegenüber der weiblichen. In manchen Sportarten ist er so gravierend, dass Transfrauen schon aus Sicherheitsgründen nicht in der Frauenkategorie zugelassen sind – so hat es der Rugbyverband letztes Jahr beschlossen.
Mehr als ein Testosteronwert
Die Frage ist, was die Aufgabe von Sportverbänden ist: Sollen sie inkludieren, oder sollen sie fairen Wettbewerb ermöglichen? Daran schliesst sich die Frage an: Was ist fair? Fairness im Sport bedeutet: Wettbewerb unter gleichen Bedingungen. Bislang definierte man dazu Testosteronlevel, welche Transathletinnen senken müssen, um bei den Frauen starten zu dürfen. Aber eine männliche Biologie ist nun mal mehr als nur ein Testosteronwert. Eine Person, die eine männliche Pubertät durchgemacht hat, hat auch Vorteile betreffend Grösse, Muskelmasse und Knochendichte, die sich nicht einfach durch die Zugabe von Hormonen ausmerzen lassen.
Man kann sich auch fragen, warum diese Diskussion nur im Frauensport geführt wird. Wäre alles nur eine Frage des Testosterons, hätten wir die Diskussion längst auch bei den Männern. Doch dort taucht sie nicht auf. Wenn es nur um die Frauen geht, verwundert es doch, wie meistens Männer über Sinn und Unsinn solcher Regeln entscheiden und den Frauen sagen, was fair ist und was nicht, wie gestern auch an dieser Stelle. Denn was sagen eigentlich die Betroffenen dazu, gegen als Männer geborene Konkurrentinnen antreten zu müssen?
Eine Frage der Fairness
Leider oft wenig: Off the record sprechen alle von unfairen Vorteilen, welche Transfrauen haben. Doch öffentlich wagen es nur die wenigsten, sich so zu äussern. Andernfalls wären der Shitstorm und der Vorwurf der Transfeindlichkeit garantiert. Die meisten Sportlerinnen möchten zudem nicht für ihre Meinungen, sondern ihre Leistungen beachtet werden. Konsequenzen für ihre Meinung musste jüngst die Surferin Bethany Hamilton erfahren. Sie verkündete Anfang Februar auf Instagram, sich aus dem Sport zurückzuziehen, sollten künftig auch Transfrauen bei den Frauen antreten dürfen. Ihr öffentliches Statement führte zu extrem harschen Reaktionen. Schliesslich zog sie sich aus dem Sport zurück.
Diana Thomas , Ex-Profisportler, Kolumnistin und Transfrau sagt: Natürlich haben Transfrauen gegenüber Frauen sportliche Vorteile. Und das Dilemma fasste sie in einer Kolumne so zusammen: Hätte sie einen Sohn, der sowohl trans als auch ein begabter Athlet wäre, würde sie ihm sagen: Du hast die Wahl. Du kannst die Geschlechtsanpassung aufschieben und deine sportlichen Träume als Mann verfolgen. Oder du kannst jetzt zur Frau werden, aber dann wirst du Sport auf Amateurlevel bestreiten.
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Replik auf Kommentar zu Transfrauen im Sport – Fragt doch einfach die Frauen
Es sei absurd, Transathletinnen von Leichtathletik-Wettbewerben auszuschliessen, wurde gestern hier geschrieben. Im Gegenteil, es ist das einzig Richtige.