Nötig ist Kooperation statt Abschottung
So wie man 2001 mit New York verbindet, wird man 2015 mit Paris in Beziehung bringen. Der Terroranschlag auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» im Januar und die Massaker im November haben die Welt, insbesondere Europa, erschüttert und auf schreckliche Weise bewusst gemacht, wie bedroht wir alle sind. Vor allem haben sie auch gezeigt, wie Konflikte, die sich weit weg von uns abspielen, sehr schnell gravierende Auswirkungen auf uns haben können. So findet zwar der Kampf des Islamischen Staates in Syrien, Irak und Nordafrika statt, doch richtet sich sein Hass gegen die ganze westliche Zivilisation. Seine Terrorkommandos sind deshalb auch in Europa unterwegs, und seine Sympathisanten rekrutieren hier – auch in der Schweiz – Jugendliche für den Jihad. Die islamistische Bedrohung hat in ganz Europa, aber auch hierzulande den Ruf nach mehr Abschottung gegen aussen laut werden lassen. So verständlich diese Forderungen sind, so haben sich etwa zusätzliche Grenzkontrollen als kaum wirksam erwiesen. Erfolgreicher waren die Sicherheitskräfte dank grenzübergreifender Kooperation und Informationsaustausch.
Vergleichbares lässt sich auch in Bezug auf die zweite Krise sagen, die 2015 im Nahen Osten ihren Anfang genommen hat: der Strom Hunderttausender von syrischen Kriegsflüchtlingen. Zur Bewältigung dieses humanitären Problems sind Stacheldrahtzäune kein taugliches Rezept. Es verstösst gegen die Grundwerte der westlichen Gesellschaft, wenn sich Binnenländer wie Ungarn abzugrenzen versuchen und die Last der Flüchtlingsbetreuung den Mittelmeeranrainern wie Italien oder Griechenland aufbürden wollen. Den richtigen Weg haben die EU und die Schweiz beschritten, indem sie die vielen Schutzbedürftigen einigermassen koordiniert zu verteilen begonnen haben. Gleichzeitig ist auch die Überzeugung gewachsen, dass endlich die Ursache, der Bürgerkrieg in Syrien, beendet werden muss. Trotz ihrer grossen geopolitischen Differenzen haben sich die USA und Russland kürzlich zusammengerauft und einen konkreten Friedensprozess angestossen. Auch die Schweiz wird, als Tagungsort der Verhandlungen, ihren Beitrag zur gemeinsamen Friedensanstrengung leisten können.