Skeptisch gegenüber Kirchenfusionen
Sechs ländliche Kirchgemeinden im Norden Winterthurs beraten über eine Annäherung. An einer Tagung wurde klar: Die Skepsis an der Basis ist gross. Doch es gab auch aufmunternde Stimmen.

Die kantonale reformierte Kirche will bei den Kirchgemeinden aufräumen, und das nicht zu knapp. «Aus 170 mach 40», lautet plakativ formuliert die Vorgabe aus Zürich. Begründet wird der Fusionsdruck mit den sinkenden Mitgliederzahlen und den damit verbundenen Einnahmeausfällen. An der Basis gibt es vielerorts grosse Vorbehalte gegenüber Zusammenschlüssen. Das zeigte sich auch am Samstag an einer Versammlung im Saal des Zentrums Oberwis in Seuzach, zu der die Kirchgemeinden Seuzach, Altikon-Thalheim-Ellikon, Hettlingen, Rickenbach, Dinhard und Dägerlen geladen hatten. In den sechs Gemeinden denkt man über eine Annäherung nach – Fusion, Zusammenarbeit oder Status quo lauten die Alternativen. Darüber entscheiden sollen die Kirchgemeindeversammlungen frühestens im Herbst 2018.
Stimmungsbild: neutral bis negativ
Gleich zu Beginn der Tagung müssen die über 80 Teilnehmer – Kirchenmitglieder, Pfarrer, Mitarbeiter der Kirchenpflege und so fort – Farbe bekennen. «Gehen Sie zu der Tafel, die Ihre Haltung am besten zum Ausdruck bringt», lautet die Aufforderung von Projektbegleiter Hannes Hinnen, der den Anlass moderiert. Die grösste Gruppe formiert sich bei der Tafel mit der neutralen bis negativen Aufschrift «Viel Aufwand, offener Ausgang». Wieso stellt man sich hierhin? «Wir können viel verlieren», sagt jemand, und ein anderer meint: «Eine Fusion bringt einen riesigen administrativen Aufwand mit sich, dabei sollten wir uns besser auf inhaltliche Massnahmen konzentrieren.» Die prononcierteste Kritik, so zeigt sich, kommt von Mitgliedern der kleinen Kirchgemeinde Dägerlen.
Die Anwesenden dürfen ihre Anliegen platzieren. Häufige Wünsche, in Gruppenarbeit ausformuliert und auf Flipcharts notiert, lauten: «Kirche muss persönlich bleiben.» – «Beziehungen erhalten und neue schaffen.» – «Gemeinden brauchen einen Dorfpfarrer!» – «So wenig Administration wie möglich.»
Immerhin: In der Aufstellung zu Beginn gehen nicht alle zu den Skeptikern und Gegnern. Einige reihen sich auch bei «Ich bin erwartungsvoll» ein und bei «Ich hoffe, dass sich die Kirche weiterentwickeln kann» oder bekennen, dass sie nicht wissen, was sie vom Ganzen halten sollen.
Um Letzteren zu helfen, werden zwei kurze Referate gehalten. Der Leiter des Annäherungsprojekts, der Dinharder Kirchenpflegepräsident Werner Baumann, präsentiert die Fakten: Seit 1970 hat sich der Anteil der Reformierten an der Bevölkerung etwa halbiert. Es wuchs die Zahl von Freikirchlern, Muslimen, Konfessionslosen. «Dem müssen wir uns stellen», sagt Baumann. «Wir werden Räume haben, die wir nicht füllen können. Der Überbestand kostet uns Geld.» Die Zahl der Pfarrstellen in den beteiligten Gemeinden soll sinken, von total über sieben auf sechs.
«Was kostet das alles?» – «Auf welcher Seite sind Sie?»
Kritische und launige Fragen folgen auf die Referate: Stimmt es, dass die Fusion einzelner Gemeinden schon beschlossen ist? Nein, kommt die Antwort. Auf welcher Seite steht eigentlich dieser Projektbegleiter? «Auf keiner», versichert er selbst, «Mediation ist mein Beruf». Was kostet uns das ganze Projekt? Vier beteiligte Personen verdienen, so heisst es, 20 000 bis 25 000 Franken; dazu kommen Entschädigungen von Kirchgemeindemitgliedern nach deren Stundenansätzen, rund 10 000 Franken.
Begleiter Hinnen hat schon bei vielen Projekten vermittelt. Zwei Faktoren sprechen in diesem Fall für einen Reformwillen und eine Annäherung, sagt er am Rand der Veranstaltung, einer dagegen. Dafür: die theologische Geschlossenheit der Gemeinden (kaum Evangelikale) und ihre vergleichbaren Grössen. Dagegen: der Konservatismus im ländlichen Gebiet.
Angeregt wird nach der Tagung diskutiert. Es ist offensichtlich: Die Verantwortlichen treiben das Projekt mit viel Elan voran. Die Zahl der beteiligten Gemeinden sinkt aber. Erst waren es 11, dann sieben, und nun hat auch Wiesendangen, auf den Einladungen teilweise noch mitaufgeführt, der Gruppe den Rücken gekehrt (siehe Kasten). Unter den verbleibenden Partnern mit total 9200 Mitgliedern ist Seuzach mit 3300 Personen die grösste Gemeinde, am kleinsten sind Dinhard und Dägerlen.
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