Food-Truck auf dem NeumarktGeistheiler-Verein verteilt Gratisessen
Der Verein Oronos möchte hungernden Winterthurern helfen. Dahinter steht ein deutscher Esoterikunternehmer, der Botschaften des Erzengels Michael übermittelt.

Der Verein Oronos möchte Menschen helfen, die angeblich aufgrund der Pandemie-Massnahmen Hunger leiden. Die Regale in den Supermärkten seien leer, heisst es auf der Website des Vereins, ebenso viele Portemonnaies. Abhilfe soll ein Foodtruck schaffen, der in vierzehn Schweizer Städten Halt macht, am Wochenende vom 19. bis 21. Juni auch auf dem Neumarkt in Winterthur.
Die von der Farbe Blau dominierte Website des Vereins wirkt auf den ersten Blick esoterisch, inhaltlich kommt sie jedoch unverfänglich daher. Da ist die Rede davon, man wolle Erde heilen und ihre Zukunft aktiv mitgestalten. Stutzig macht aber das «Registered Trademark»-Zeichen beim Vereinsnamen. Es zeigt an, dass es sich um eine geschützte Marke handelt – folglich wird damit Geld verdient. Aber womit genau? Das geht aus dieser Website nicht hervor.
Aber es reicht, den Namen Oronos zu googeln. Zentrale Figur im siebenköpfigen Vorstand des 2016 gegründeten Vereins, aus dem 2018 zudem eine gemeinnützige Stiftung hervorging, ist ein Mann, der sich Natara nennt (ebenfalls mit dem «R»-Zeichen). Auf seiner eigenen Website Oronos.de, die mit einem bombastischen Bild dekoriert ist, kündigt Natara unter anderem «Tage der Geistheilung» und Gespräche mit dem Erzengel Michael an. Natara ist der 1972 geborene Physiotherapeut und Unternehmer Jörg Loskant-Heim, Geschäftsführer der Esoterikfirma Kamasha GmbH aus Fulda.
Bekannt seit 2005
Unter anderem verkauft Loskant-Heim eine Ausbildung zum Coach, die suggeriert, sie habe etwas mit der Quantentheorie und mit Intuition zu tun. Auch die Vereinspräsidentin von Oronos, die Oltner Sozialpädagogin Marianne Amsler, ist bei ihm in die Lehre gegangen. Im Steckbrief auf ihrer eigenen Webseite führt Amsler diverse Methoden «nach Natara» auf.
Die Beratungsstelle Infosekta hat schon 2005 Anfragen zu Loskant-Heim und Oronos erhalten, wie Susanne Schaaf von Infosekta sagt. Schaaf bezeichnet den Verein als «umstrittenen Esoterikanbieter». Problematisch an Konzepten wie Lichtnahrung und geistiger Chirurgie sei, dass sie Ratsuchende in die Irre führen und gesundheitsgefährdend sein könnten.
Kartoffeln und Peperoni
Über Zahlen zur hungernden Bevölkerung verfüge man nicht, sagt Dora Egloff von Oronos. «Wir schätzen, dass pro Tag etwa 50 Personen zum Food-Truck kommen werden.» Die Mahlzeiten werden aus gespendeten Lebensmitteln zubereitet; wie aus dem zur Verfügung gestellten Foto hervorgeht, wurde in Basel Kartoffel- und Peperonisalat sowie Brot und Käse angeboten. Laut Egloff hat der Verein derzeit 192 Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Food-Truck sei das erste derartige Projekt des Vereins.
Die Website weist nur auf eine Handvoll weitere Projekte hin: auf einen Secondhandladen in Ilanz und ein herumziehendes «Zelt der Zukunft» für die Begegnung von Kindern und Jugendlichen, das wie der Food-Truck durch deutschsprachige Städte tourt. Zudem werden Ausflüge zu Sportstadien und Seen sowie Bergtouren unternommen, vermutlich, um dort einen heilenden Einfluss auszuüben.
Was findet eigentlich die Stadt Winterthur zu dieser eigenartigen Aktion? Jeder Verein habe ein Anrecht auf die Benutzung des öffentlichen Grundes, solange er sich rechtmässig verhalte, sagt Sarah Paul von der Medienstelle der Stadtpolizei Winterthur. «Wir machen keinen Background-Check, das dürfen wir gar nicht.»
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