Genosse mit Faible fürs Kleingewerbe
Daniel Frei war bis vor Kurzem Generalsekretär der SP der Kantons Zürich. Heute dürfte er in Winterthur zum Parteipräsidenten gewählt werden. Er ist 33 Jahre alt.
Sie sind öffentlich noch nicht allzu bekannt. Wie würden Sie sich beschreiben? Daniel Frei: Ich bin ein politisch interessierter und seit Langem auch politisch tätiger Zeitgenosse. Seit der Schulzeit beschäftigt mich, wie die Gesellschaft funktioniert und was sie zusammenhält. Wie kamen Sie zur SP? Ich bin der Partei als Gymischüler beigetreten und war im Zürcher Unterland auf ehrenamtlicher Basis aktiv. Dann ging es Schritt für Schritt weiter. 2004 wurde ich Sekretär und 2008 Generalsekretär der Kantonalpartei. Was sind Sie charakterlich für ein Typ? Ich bin ausgeglichen, mit einem inte- grativen Zug, kann aber durchaus auch zu meinen Positionen stehen. Wichtig ist mir stets, dass eine konstruktive Zusammenarbeit möglich ist. In der politischen Arbeit sehe ich mich als werteorientierter Pragmatiker. Sie sind Politologe und führen eine Firma im Bildungs- und Betreuungsbereich. Was machen Sie genau? Wir bieten Kinderbetreuungsangebote an. Ich habe die Firma zusammen mit meiner Partnerin seit Anfang Jahr aufgebaut. Ich fand es reizvoll, auch einmal die Kleinunternehmer-Perspektive kennen zu lernen, und das in einem Bereich, in dem die SP ja auch stets mit politischen Forderungen präsent ist. Sie selber betreuen auch Kinder? Nein, wir beschäftigen Personal. Mein Job war es, den Betrieb zu organisieren. Hat das Unternehmerdasein schon auf Ihre politischen Ansichten abgefärbt? Es hat mein Verständnis für die Kleingewerbler sicher gefördert. Die bürokratischen Hürden und wie es ist, mit eigenem Geld in der Verantwortung zu stehen – das ist schon eine Erfahrung. Es braucht einiges, bis Arbeitsplätze entstehen, und unsere Klein- und Mittelunternehmen (KMU) im Kanton Zürich leisten da Grosses. Seit 2010 sind Sie Gemeinderat in Niederhasli, zuständig für Sicherheit und Soziales. Bleibt da genug Zeit für alles? Ja. Das habe ich mir gut überlegt. Ich kann mir die Zeit flexibel einteilen. Sie sind erst 33 Jahre alt und nicht im Kantonsrat. Ist das Präsidentenamt nicht fast eine Nummer zu gross für Sie? Die Findungskommission hat mich für das Amt vorgeschlagen und traut mir diese Aufgabe offensichtlich zu. Was den Kantonsrat angeht: Sicher hätte es Vorteile, im Rat vertreten zu sein. Doch es hat auch Vorteile, über kein Mandat zu verfügen. So kann ich die Dinge unbelastet von Fraktionsgeschäften angehen und auch besser die Aussensicht einbringen. Wobei Sie ja als Nächster nachrücken. Genau. Aber es pressiert nicht. Es gab in letzter Zeit Spannungen zwischen den Älteren und Jungen bei der SP – so wurde etwa SP-Nationalrätin Anita Thanei als «Sesselkleberin» aus dem Amt gedrängt. Sehen Sie Handlungsbedarf in der Generationenfrage? Nein. Ich glaube, das hat sich mittlerweile geklärt. Das war ein teilweise schmerzlicher Prozess, aber insgesamt ist die Partei jetzt gut aufgestellt. Eine Lehre muss aber sein, dass die Parteileitung die Personalpolitik frühzeitig und proaktiv angehen muss. Die Juso schert öfters aus. Sie opponierte gegen das auf Pragmatismus bedachte SP-Migrationspapier, in Winterthur verhalfen Sie mit einer unbedachten Kandidatur der FDP zu einem Stadtratssitz. Gehört die Juso an die Kandare? Nein. Sie ist eine eigenständige Jungpartei und muss auch ihre eigenen Akzente setzen können. Das sorgt für Dynamik. Aber klar ist auch: Nicht die ganze Partei muss so ticken wie die Juso. Zwischen Geschäftsleitung und Delegiertenversammlung soll ein Parteivorstand etabliert werden. Was bedeutet das für Ihre Arbeit als Parteipräsident? Der Austausch mit den Mandatsträgern aus den Bezirken und Kommissionen wird verstärkt. Ich erhalte Rückmeldungen, man kann sich gegenseitig den Puls fühlen. Ich begrüsse das sehr. Im März haben Sie als Generalsekretär aufgehört, um eine politische Auszeit zu nehmen. Und jetzt werden Sie Parteipräsident. Wie kommt das? «Politische Auszeit» ist nicht ganz richtig – auf Gemeindeebene war ich ja weiter aktiv. Ich habe das mit dem Parteipräsidium nicht geplant. Wie gesagt, ich wurde angefragt. Dann musste ich aber nicht lange überlegen, schliesslich bin ich schon so lange in der Partei aktiv. Kommt hinzu, dass auf der kantonalen Ebene politisch vieles entschieden wird, das sich ganz konkret auf den Alltag auswirkt – insofern war ich immer schon sehr motiviert, da mitzumachen. Ihre beiden Vorgänger Stefan Feldmann (Präsident seit 2008) und Martin Naef (2004 bis 2008) schafften es nicht, Wähler hinzuzugewinnen. Warum? Das hängt nicht nur am Parteipräsidenten. Es gibt auch nationale Trends. Immerhin hat sich die Partei stabilisiert – trotz grösser gewordener Konkurrenz. Was wollen Sie im Parteipräsidium anders machen als Ihre Vorgänger? Ob ich es anders mache, weiss ich nicht. Ich will es auf meine Art gut machen. Die grosse Kunst ist ja immer, die aktuellen Antworten auf die aktuellen Fragen zu haben. Wichtige Themen heute sind die Finanz- und Wirtschaftskrise, Arbeitsplatzsicherheit, der soziale Kitt – und da haben wir gute Antworten. 2007 verlor die SP bei den Kantonsratswahlen 17 Sitze, 2011 einen Sitz, womit sie nun über 35 Mandate verfügt. Wie lautet Ihr Ziel für 2015? Für Zahlen ist es noch etwas zu früh. Ziel ist aber sicher eine mit einer 4 vorn. Was tun Sie, um sich zu entspannen? Ich gehe in Konzerte, Musicals oder an Theateraufführungen, hinzu kommt eine Prise Sport. Am meisten entspannt mich aber, einfach zu Hause zu sein und ein wenig zu diskutieren oder zu lesen.
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