Kolumne StadtverbessererIm Spinnennetz der Politforscher
Der Stadtverbesserer sinniert über Sinn und Unsinn von Wahlomaten.

Was in Deutschland Wahlomat heisst, kennt man hierzulande unter dem Namen des Anbieters Smartvote. Der Selbsttest mit Wahlempfehlung ist beliebt, vor allem unter den Politikern selbst. In Winterthur haben schon alle zehn Stadtratskandidaten den Test ausgefüllt, bei den Anwärtern fürs Stadtparlament sind es, Stand Mittwochmittag, immerhin schon 325 von 456.
Wer die gut 30 Fragen zur lokalen und nationalen Politik am ähnlichsten beantwortet wie man selbst, so die Logik des Systems, vertritt die politische Meinung am besten. Unbeeinflusst vom Foto auf den Wahlflyern oder dem Geschmack des Werbebonbons.
Der Stadtverbesserer ist beeindruckt von der Cleverness – und dennoch ambivalent. Er erinnert sich an Kindertage, als er aus Langeweile die «Bravo Girl»-Hefte der älteren Schwester las. Das heimliche Kernstück waren die Psychotests: Welcher Flirttyp bist du? Welchem «Dawson’s Creek»-Charakter bist du am ähnlichsten? Das Problem: Sobald man sich für eine Antwort entschied, fielen einem lauter Situationen ein, wo man ganz anders gehandelt hätte. Und so wurde nie ein Psychotest je fertig. Sind Mädchen da kohärenter?
Zugegeben, das Problem bei Smartvote war ein anderes: Als der Stadtverbesserer es mal doch probierte, kam das System auf Leute, die er nie gewählt hätte, weil sie ihm total unsympathisch sind. Zählt das schon als Selbsthass oder ist das normal?
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