Mercedes EQXXIntelligente Reichweite als neue Währung für die E-Auto-Zukunft
Die spektakuläre Studie EQXX ist kein teures Spielzeug fürs Mercedes-Werksmuseum. Viele technische Lösungen sollen schon bald in Serie gehen.
Gut drei Monate nach Vorstellung des EQXX in Las Vegas gibt Mercedes tiefere Einblicke in die Innereien und den Serienansatz seines Technologieträgers. So ist es längst kein Geheimnis mehr, dass unter dem spektakulären Kleid die Blaupause für die nächste, kompakte MMA-Plattform steckt, also für die dann vollelektrischen EQA und EQB. Zumindest was die technologische Basis für Leichtbau, Antrieb und Aerodynamik angeht. Der Radstand von knapp 2,80 Metern ist dabei bereits gesetzt.
Effizienz dürfte bei der nächsten Generation des Einsteiger-Mercedes absolut im Fokus stehen. Wie beim EQXX, der mit einer Batterieladung über 1000 Kilometer schaffen soll. Intelligente Reichweite wird die neue Währung der Stuttgarter.
Und die soll nicht über immer grössere und schwerere Batterien erkauft werden, sondern über clevere technische Ansätze. Ausgehend von internen Studien, wonach 62 Prozent der Kraft dafür aufgewendet werden, um Luft, also den Fahrtwind, aus dem Weg zu schaffen, spielt die Aerodynamik dabei die entscheidende Rolle. Weitere 20 Prozent frisst der Rollwiderstand. Beim EQXX hat es die Crew um Entwicklungschef Markus Schäfer geschafft, mit «der Power aus allen Ecken des Mercedes-Kosmos, inklusive der Formel 1», einen cW-Wert von 0,17 zu realisieren. Ohne dass dabei ein hässlicher, vollverkleideter Vogel herausgekommen ist. In nur 18 Monaten Entwicklungszeit und ständigen gegenseitigen Challenges konnte ein Wirkungsgrad von 95 Prozent realisiert werden. Also: 95 Prozent der Energie aus der Batterie kommen an den Rädern an. Verbrenner erreichen rund 30 Prozent.
In 15 Minuten Energie für 300 Kilometer
Auch das Layout der EQXX-Batterie, die mit einer hohen Systemspannung von 920 Volt in 15 Minuten Energie für 300 Kilometer nachladen kann, wird es in die Serie schaffen. Sitzt der Akku heute zumeist in einem soliden, aber auch schweren Hilfsrahmen, nimmt ihn künftig ein deutlich dünnerer und leichterer Träger auf. Ohne, dass die Crashsicherheit darunter leidet. Der Batterie-Körper wird ebenfalls filigraner und leichter. Er wiegt weniger als 500 Kilo und ist nur noch knapp 20 Zentimeter hoch. Unter einem Gehäuse aus Kohlefaser befinden sich ausschliesslich die rund 200 Zellen, entwickelt vom chinesischen Batteriehersteller Catl. Alle Kabel und die komplette Regelelektronik wandern in die One-Box, die oben wie ein Schuhkarton auf dem knapp 100 kWh grossen Akku sitzt. Wartung und Reparaturfreundlichkeit sollen so deutlich verbessert werden, künftig könnten in die Batterie neue, leistungsstärkere Zellen einfacher «nachgerüstet» werden.
Eine grosse Rolle für künftige Modelle dürfte auch die sogenannte bionische Entwicklung spielen. Hierbei geht es um Erkenntnisse, die man aus dem Aufbau des menschlichen Skeletts gewonnen hat. Anhand von topologischen Berechnungen am Computer wurde in einem aufwendigen Prozess – ausser an der Karosserie – jegliches Material, das keine Kraft aufnimmt, herausgeschnitten. Das spart 15–20 Prozent an Gewicht. Einige Bauteile sind nach der Sonderbehandlung allerdings so löchrig wie ein Schweizer Käse. Kaum vorstellbar, dass wir derart perforierte Gebilde kurzfristig in der Serie wiedersehen.
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