Die grosse Zürcher WahldebatteWas tun gegen Lehrermangel? Priska Seiler Graf, Daniel Sommer, Silvia Steiner und Natalie Rickli diskutieren
Die Kandidierenden für den Regierungsrat treffen öffentlich aufeinander. Wir streamen den Anlass live. Diskutieren Sie mit!
Am 12. Februar wählt Zürich eine neue Regierung. Aber wer soll den Kanton die nächsten vier Jahre anführen? Lernen Sie die Politikerinnen und Politiker kennen – an der TA-Livedebatte. Wir übertragen die Gespräche live auf unsere Webseite und berichten online und Print darüber.
Am Dienstag 17. Januar um 18 Uhr treffen Natalie Rickli, Priska Seiler Graf, Daniel Sommer und Silvia Steiner aufeinander. Machen Sie mit und stellen Sie den Kandidierenden Ihre Fragen. Sie können das während des Events tun, aber auch schon jetzt, indem Sie Ihre Frage unten eintragen. Wir werden eine Auswahl daraus live stellen.
Natalie Rickli (SVP, 46, bisher)

Stärken: Natalie Rickli zeigt Führungswillen und Eigenständigkeit. Insbesondere in der Corona-Krise scheute sie sich nicht, sich gegen ihre Partei zu stellen, die eine viel lockerere Politik verfolgte. Und sie liess sich auch durch Schmähungen, Drohungen und sogar einen körperlichen Angriff nicht von ihrem Kurs abbringen. Von den Spitälern wurde sie in der Corona-Krise gelobt, als teamorientiert und nicht besserwisserisch. Rickli ist kompromissfähig. So verzichtete sie auf die Schliessung des Spitals Affoltern, nachdem die Verantwortlichen im Spital Affoltern ein neues Betriebskonzept vorgelegt hatten.
Schwächen: Rickli neigt zum Perfektionismus. Deshalb wirkte sie anfänglich in der Corona-Krise, die schnelles Handeln und die Fähigkeit zum Improvisieren verlangte, überfordert. Rickli hat auch Defizite in der Kommunikation. So sucht sie zwar in den Spitälern das Gespräch mit den Direktionen und wird dort dafür gelobt, doch die Angestelltenorganisationen beklagen sich über den mangelhaften Austausch mit ihr.
Erfolge: Als Regierungsrätin schaffte sie es, kaum war sie im Amt, knapp zwei Millionen Franken in die Staatskasse zurückzuholen, die ihr Vorgänger für ein schlecht funktionierendes E-Health-Projekt ausgegeben hatte, an dem er selber beteiligt war. In der Corona-Krise schaffte sie es im grössten Schweizer Kanton, ein Contact-Tracing und Impfzentren einzurichten, die zwar kritisiert wurden, aber doch funktionierten. Auf ihren Antrag wurde für Kaderärzte in Zürcher Listenspitälern ein Lohndeckel von einer Million Franken eingeführt. In Erinnerung ist auch ihre glanzvolle Wiederwahl in den Nationalrat 2011, als sie von allen SVPlern am meisten Stimmen erhielt und sogar den wieder kandidierenden Alt-Bundesrat Christoph Blocher schlug.
Misserfolge: In der Corona-Krise blieb Rickli mit ihrer strengen Haltung im Regierungsrat meist in der Minderheit. So hätte sie beispielsweise gern bei steigenden Fallzahlen einen Automatismus gehabt für die Verschärfung der Massnahmen. Beim kantonalen Contact Tracing gab es ein grosses Datenleck, das erst durch Recherchen dieser Zeitung offen gelegt wurde. Die Impfung der Zürcher Bevölkerung ging vergleichsweise langsam voran.
Priska Seiler Graf (54, neu)

Zur Person: Priska Seiler Graf ist eine eingemittete Sozialdemokratin. Die Klotenerin ist weder Landei noch absolute Städterin und deshalb eine geeignete Vermittlerin zwischen Stadt und Land. Darüber hinaus gilt sie als teamfähig. Sie gehört bei Mitte- und Linksparteien regelmässig zu den am meisten panaschierten Kandidatinnen. Auch als Nationalrätin hat sie die Bande zum Zürcher Unterland nicht abgebrochen und blieb in Kloten politisch aktiv.
Für eine Regierungsratskandidatin bringt Priska Seiler Graf viel politische Erfahrung auf allen Staatsebenen mit. National ist sie in jüngster Zeit vor allem als Kampfjetgegnerin bekannt geworden. Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges ist sie mit ihrem armeekritischen Einsatz ins Abseits geraten.
Nach dem knappen Volks-Ja zur Kampfjetbeschaffung und dem Entscheid von Bundesrat und Parlament, den US-Jet F-35 zu kaufen, hat sie allerdings ihre Niederlage eingestanden und zusammen mit dem Komitee die Initiative «Stopp F-35» zurückgezogen. «Wir wollen keine Hand bieten für Pseudoabstimmungen», sagte Seiler Graf.
Im Regierungsrat will Seiler Graf für die SP den Sitz von Mario Fehr zurückholen, der im Streit aus der Partei ausgetreten ist. Sie spekuliert bei einer Wahl auf die Übernahme der Bildungsdirektion.
Daniel Sommer (EVP, 58, neu)

Zur Person: Daniel Sommer hat auf seiner persönlichen Website den Smartspider aufgeschaltet. Dieser zeigt sein politisches Profil, und das sieht ähnlich aus wie jenes von linken Kandidatinnen und Kandidaten. Migrationsfreundlich, starker Sozialstaat, offene Aussenpolitik, Umweltschutz. Einzig in der Gesellschaftspolitik ist Sommer deutlich konservativer als die meisten Linken.
Im Kantonsrat fällt Sommer häufig durch originelle Voten auf. Immer schmückt er seine Reden mit Zitaten und kleinen Geschichtlein. Im «Anzeiger von Affoltern» schreibt er regelmässig Kolumnen über seine politische Arbeit und politischen Ansichten. So beschrieb er 2015, wie er seine Vereidigung und seine ersten Kommissionssitzungen erlebt hat. «Leider war ich bereits in der ersten Abstimmung bei den Verlierern», schrieb Sommer, «und ich habe den starken Verdacht, dass es nicht meine letzte Niederlage war.»
Sommer äussert sich thematisch zu vielen Fragen, aber als Schreinermeister liegt ihm das umweltgerechte Bauen besonders am Herzen. Bei der Erarbeitung des umstrittenen Energiegesetzes hat er sich stark dafür eingesetzt, dass es beim Heizungsersatz für wenig begüterte Hausbesitzer eine Härtefallklausel gibt.
Silvia Steiner (Die Mitte, 64, bisher)

Stärke: Silvia Steiner ist hart im Nehmen. Als Staatsanwältin musste sie sich gegen Menschenhändler durchsetzen, heute gegen die verschiedenen Anspruchsgruppen der Schule. Die Analysen der diversen Krisen in der Schule sind meist zutreffend. Wenn es sein muss, kann sie auch deutlich werden: So hat sie den Mittelschulen einst mit Entzug von Mitteln gedroht, wenn diese nach der Probezeit weiterhin so viele Jugendliche durchfallen liessen.
Schwächen: Sie verkauft ihre Politik nicht besonders gut. Sie ist zwar eigentlich humorvoll, wirkt aber öffentlich häufig spröde. Zu der vorbildlichen Frauenförderung in ihrer Direktion hat sie offiziell noch kaum etwas gesagt. Silvia Steiner kann zwar Kritik einstecken, aber solche nicht gut kontern. So geriet sie in jüngster Zeit häufig in die Defensive und ist im Moment zur Zielscheibe der Herausforderer und Herausfordererinnen im Wahlkampf geworden.
Erfolge: Vor wenigen Wochen hat sie die lohnmässige Gleichstellung der Kindergärtnerinnen mit den Primarlehrpersonen durch den Kantonsrat gebracht. Frei werdende Spitzenpositionen in der Zürcher Bildungsdirektion hat sie mehrheitlich mit Frauen besetzt. Als ganz neue Bildungsdirektorin wählten sie die Erziehungsdirektorinnen und -direktoren der anderen Kantone zur Präsidentin der Erziehungsdirektorinnen- und Direktorenkonferenz EDK.
Misserfolge: In der Corona-Zeit hat sich Silvia Steiner wiederholt geweigert, den Schulen Schutzmassnahmen vorzuschreiben, und ihnen die Entscheide mehrheitlich selbst überlassen. Ihr Ansehen bei den Akteuren in der Schule hat deshalb stark gelitten. Der Lehrermangel ist unter Silvia Steiner so gross wie selten. Die Berufsverbände machen dafür auch Steiner verantwortlich. Sie tue zu wenig, um die Lehrerschaft zu entlasten. Zudem ist ihre Verwaltung bei der Vergabe von Stipendien und bei der Auszahlung von Vikariatslöhnen teils Monate im Verzug.
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