Verzerrte Risikowahrnehmung
Risikoabwägungen in Zeiten von Corona und Klimawandel. Die Überlebenschancen seien deutlich kleiner beim Klimawandel, findet Lomo.
Wenn etwas zu riskant ist, dann lässt man es besser bleiben. Diesem sinnvollen Prinzip folgen auch die Massnahmen, die unsere Regierung trifft, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Weil beispielsweise beim Händeschütteln die Ansteckungsgefahr erhöht ist, wird davon abgeraten. Ist ja auch vernünftig. Merkwürdig finde ich indes, dass wir nur partiell so vernünftig sind. Verzerrte Risikowahrnehmung nennt man das.
So muss ich in diesen Tagen immer wieder darüber nachdenken, warum man sich eigentlich bei politischen Massnahmen gegen die Klimakrise derart schwertut, während wir bei Massnahmen gegen ein Virus so zackig reagieren. Grossveranstaltungen können abgesagt, Flüge eingestellt werden, ganz ohne Entschädigung. Wirtschaftliche Einbussen nimmt man in Kauf, weil die Wirtschaft unter einer Pandemie noch viel mehr leiden würde. Hingegen ein Flugverbot auszusprechen, weil man mit dem Flieger nicht bloss Viren verschleppt, sondern erwiesenermassen den ganzen Erdball zum Fiebern bringt (was sich auch wirtschaftlich längerfristig nicht auszahlt), dafür findet man keine Mehrheit.
Die Überlebenschancen beim Coronavirus sind ziemlich gut, die Überlebenschancen beim Kollaps des ganzen Globus ziemlich schlecht.
Ist es nicht bizarr, dass dieselbe Nationalrätin, die mit Atemmaske ins Bundeshaus läuft, weil man doch schliesslich diesem gefährlichen Virus Einhalt gebieten müsse, bei Massnahmen gegen den Klimawandel nur abwinkt? Ihr Kollege fragt auf den sozialen Medien, warum der Bundesrat nicht schneller Massnahmen gegen das Coronavirus treffe, und fühlt sich dabei als Winkelried. Aber eine schwedische Schülerin, die fragt, warum die Politik eigentlich nicht allmählich auf eine Bedrohung reagiere, von der man nun schon bereits seit Jahrzehnten weiss, wird als vorlaute, naive und ungeduldige Göre beschimpft.
Den medizinischen Experten hören jetzt alle zu, den Klimaexperten immer noch nicht. Wenn wir beide zur Medienkonferenz lüden, würden sie uns erläutern: Die Überlebenschancen beim Coronavirus sind ziemlich gut, die Überlebenschancen beim Kollaps des ganzen Globus ziemlich schlecht. Rigorose Massnahmen treffen wir jedoch weiterhin nur partiell, kaufen im Warenhaus die Desinfektionsmittel auf und wollen nichts wissen vom Klimawandel. Das kommt mir vor, als würden wir alle mit dem Auto rasen, nicht angeschnallt und auf eine Klippe zu, aber dafür mit einem Atemschutz vor dem Gesicht und mit desinfizierten Händen am Steuer.
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