Methadon als Krebsmittel: Patientenstudie soll Klarheit schaffen
Ärzte warnen vor dem Opioid, Krebspatienten hoffen darauf. Jetzt kommt die erste klinische Studie mit 70 Patienten.

Spätestens seit 2017 warnen Onkologen im deutschsprachigen Raum vor einem Einsatz von Methadon zur Behandlung von Krebs. Medien berichteten damals breit über Claudia Friesen und ihre Forschung mit dem Opioid, welches vor allem aus der Drogenersatztherapie bekannt ist. Im Labor fand die deutsche Chemikerin Hinweise, dass die Substanz möglicherweise herkömmliche Krebstherapien ergänzen könnte.
Betroffene setzen seither grosse Hoffnung in Methadon. Fachleute kritisieren jedoch, dass keine klinischen Studien existierten, die die vermutete Wirkung des Medikaments kontrolliert bei Patienten getestet hätten. Nun hat die Deutsche Krebshilfe erstmals Geld für eine solche Untersuchung gesprochen. Durchgeführt wird sie von Wissenschaftlern um Thomas Seufferlein vom Universitätsklinikum Ulm. Claudia Friesen selbst gehört zum wissenschaftlichen Komitee der Studie.
Empfindliche Krebszellen
Teilnehmen können rund 70 Patienten mit fortgeschrittenem Dickdarmkrebs. Die Fördersumme beträgt 1,8 Millionen Franken. Der Start der Studie ist für das erste Quartal 2020 angekündigt, erste Resultate sollen frühestens 2022 vorliegen. Bei rund der Hälfte der Patienten wird Methadon als Ergänzung zu einer herkömmlichen Chemotherapie verabreicht, der Rest kommt in die Kontrollgruppe und erhält ausschliesslich die Chemotherapie.
Aufgrund von Laborbefunden und Anwendungsbeobachtungen vermuten die Forscher, dass Methadon helfen könnte, wenn die übliche Chemotherapie nicht mehr anschlägt. Bei diesen Patienten sind die Krebszellen resistent geworden. Methadon würde sie demnach für die Chemotherapeutika wieder empfindlich machen. Ob dies zutrifft, müssen klinische Studien nun zeigen.
Weitere Studien nötig
Claudia Friesen freut sich über die Unterstützung, betont aber gegenüber dieser Zeitung: «Die Förderung der Studie durch die Deutsche Krebshilfe ist nur ein Anfang.» Möglich sei der Erfolg zudem nur dank Spenden von Patienten und Angehörigen gewesen. Diese hätten die nötige Grundlagenforschung finanziert, als sonst kein Geld vorhanden gewesen sei. Friesen hofft nun auf weitere Schützenhilfe durch das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
«Jetzt wäre auch bei uns eine Studie mit einer anderen Krebsart sinnvoll.»
Im Sommer hatte der zuständige Ausschuss des Bundestags eine Petition überwiesen, welche die finanzielle Förderung der Methadonforschung fordert. «Wir benötigen dringend die Unterstützung des BMBF», sagt Friesen. Da die Ergebnisse beim Dickdarm nicht auf andere Krebsarten übertragbar seien, brauche es weitere klinische Studien.
In der Schweiz fühlt sich Julia Strasser vom Selbsthilfeverein «Methadon in der Krebsbehandlung» in ihren Anstrengungen bestärkt: «Jetzt wäre auch bei uns eine Studie mit einer anderen Krebsart sinnvoll.» Bei der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) ist man trotz ursprünglicher Vorbehalte Methadon gegenüber durchaus offen. «Wenn uns ein gutes Studienprotokoll zu Methadon vorgelegt wird, schauen wir es uns sicher an», sagte Onkologe und SAKK-Präsident Roger von Moos im August dieser Zeitung.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch