Schweizer Delegation in Taiwan«Mit dem Besuch machen die Parlamentarier dem Bundesrat Druck»
Eine Schweizer Parlamentariergruppe hat sich in Taipeh mit der taiwanischen Präsidentin ausgetauscht. Die chinesische Botschaft in Bern reagierte scharf. Doch Simona Grano, Taiwan-Expertin der Uni Zürich, sieht die Reise primär als innenpolitisches Manöver.

Nicht einmal eine Bombendrohung konnte sie abhalten: Fünf Mitglieder der parlamentarischen Gruppe Schweiz - Taiwan sind am Wochenende zu einem Besuch in Taipeh eingetroffen.
Zuvor hatten Unbekannte mit einem Angriff auf die U-Bahn-Linie zwischen dem Flughafen und dem Hauptbahnhof in Taiwans Hauptstadt Taipeh gedroht. Die Sicherheitsmassnahmen waren in der Folge erhöht worden. Der Co-Präsident der Gruppe, SP-Nationalrat Fabian Molina, sagte später zu Radio SRF, die Gruppe habe vollstes Vertrauen in die taiwanischen Sicherheitskräfte. Ein Abbruch des Besuchs habe nie zur Diskussion gestanden.
In Taipeh traf die Gruppe hochrangige Vertreter des Aussenministeriums sowie die Präsidentin des Landes. Tsai Ing-wen sagte zur Delegation, sie danke für die «tatkräftige Unterstützung», auch in der Form von «Taiwan-freundlichen» parlamentarischen Vorstössen. Taiwan und die Schweiz seien gleichgesinnte Partner, «die die Werte von Freiheit und Demokratie teilen».

Molina sagte zu Radio SRF, die Delegation habe in Taipeh eine friedliche Lösung des Konflikts mit China um die demokratische Inselrepublik angemahnt: «Es ist absolut entscheidend, dass die bestehenden Differenzen und Spannungen zwischen Taiwan und der Volksrepublik friedlich und durch Dialog gelöst werden.»
Scharfe Reaktion Chinas
Die chinesische Botschaft in Bern reagierte am Montag scharf. China stelle sich «vehement gegen jede Form von offiziellen Kontakten zwischen taiwanischen Behörden und Ländern, die diplomatische Beziehungen mit China pflegen», schreibt die Botschaft. Taiwan-Besuche schweizerischer Parlamentarier brächten «nichts anderes als neuen Streit».
Trotz der harschen Reaktion der Botschaft rechnet Simona Grano nicht mit einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China. Die Taiwan-Spezialistin der Universität Zürich sagt, der Delegation komme längst nicht jene Bedeutung zu, die im letzten August der Besuch von Nancy Pelosi hatte, der damaligen Sprecherin des US-Repräsentatenhauses. Damals reagierte China mit militärischen Manövern rund um den Inselstaat.

«Besuche ausländischer Parlamentarier in Taiwan kommen häufig vor», sagt Grano. «Die scharfen Reaktionen der Volksrepublik sind eher als eine Art Ritual anzusehen.» Die Wissenschaftlerin erinnert daran, dass die Gespräche um eine Erneuerung des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und China schon länger ins Stocken geraten sind.
Grano sieht die Reise der fünf Parlamentsmitglieder deshalb primär als innenpolitisches Manöver: «Mit dem Besuch machen die Parlamentarier auf den Bundesrat Druck, um die Beziehungen zu Taiwan zu verbessern.»
Die Schweiz war mit Rücksicht auf China in ihren Beziehungen zu Taiwan immer zurückhaltend, zurückhaltender auch als andere Länder. Sie anerkennt Taiwan nicht als eigenständigen Staat und unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu dessen Behörden. Es gibt nicht einmal direkte Flugverbindungen.
«Schweiz sollte nicht abseitsstehen»
Im Gegensatz dazu setzt sich die Schweizer Delegation auf ihrer Reise für engere Beziehungen zwischen den beiden Ländern ein. Im Interview mit Radio SRF sagte Molina, es sei von zentraler Bedeutung, dass sich Demokratien gegenseitig unterstützten. «Die Schweiz sollte da nicht abseitsstehen.»
Der zweite Co-Vorsitzende der Parlamentariergruppe, Nicolas Walder von den Grünen, sprach sich bei dem Treffen für eine bessere Einbindung Taiwans in internationale Organisationen aus. Neben Molina und Walder gehören Léonore Porchet (Grüne), Yves Nidegger (SVP) und Mustafa Atici (SP) der Delegation an.
GLP kritisiert Reise
Angesichts der bestehenden Spannungen zwischen China und Taiwan sei es kein guter Zeitpunkt für den Besuch der Parlamentariergruppe, erklärte hingegen GLP-Nationalrat Jürg Grossen gegenüber Radio SRF. Man müsse nicht um die halbe Welt reisen, um solidarisch zu sein. Er hoffe, dass der Besuch erfolgreich sei und China nicht provoziere.
Die kommunistische Führung Chinas betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Taiwan hingegen versteht sich längst als unabhängig. Die Spannungen hatten jüngst zugenommen.
Die Reise der parlamentarischen Gruppe soll noch bis zum 10. Februar dauern.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA.
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