
Ein Reh zu sehen, das freut meistens. Ausnahme: Man bewegt sich mit etwa 80 Stundenkilometern auf eines zu. Das scheue Tier im Lichtkegel. Geblendet. Wie festgewurzelt, erkennt es die Gefahr nicht. «Oh-Reh-mine», hört man sich noch sagen, dann krachts.
Ein neuer Ansatz soll solche Wildunfälle nun reduzieren. Tests, unter anderem bei Truttikon, wecken Hoffnung. Die Autofahrer gehen vom Gas, wenn Strassenpfosten zu blinken beginnen, weil Wild in der Nähe ist. Früher wurde jeweils versucht, die Rehe von der Strasse mit Gerüchen oder Geräuschen fernzuhalten. Aber man merkte mit der Zeit rasch: Der Mensch ist das etwas schlauere Reh.
Ob sich dieser Ansatz durchsetzt, wird sich zeigen. Im Praxistest übrigens nicht untersucht wurde die Wirkung der Blinklichter auf das Wild. Meist stellt sich nämlich ein Gewöhnungseffekt ein. Weil der Rehspekt verloren geht, wahrscheinlich.
Denn so ein oranges Blinklicht zieht das Wild nach einer Weile vielleicht wie die Motten an. In einer lauschigen Sommernacht, während der Paarungszeit, sorgt es bestimmt für die richtige Atmosphäre unter den Paarungsbereiten. Gerade in Zeiten einer befürchteten Strommangellage. Eine regelrechte «Rehperbahn» nach Hamburger Vorbild entsteht entlang der Landstrassen, wo im Lichterschein geflirtet, gefeiert und gebellt wird.
Trotz der vielen Tiere am Strassenrand wäre die Party aber keine Gefahr, weder für das Wild noch für den Menschen. Wieso? Ganz einfach: Weil sich ein jeder für Social Media dokumentieren will, sorgt der bekannte Partyreporter Harry Hirsch für ein konstantes Blitzlichtgewitter. Und das hat noch jeden Autofahrer zum sofortigen Abbremsen gebracht. Höchstens im Frühling, wenn ein Kitz das Licht der Welt erblickt, heisst es vielleicht: «Es war ein Unfall.»
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Kolumne Landluft – Mit einer «Rehperbahn» zu weniger Wildunfällen
Blinkende Strassenpfosten sollen die Zahl der Wildunfälle reduzieren. Vielleicht lockt dies die Rehe aber erst recht an.