Landluft-KolumneMitten im Public Hearing
Fussball muss man gar nicht schauen, um Resultate zu erfahren. Ausser man ist Einsiedlerin.

Auch die hartnäckigste Fussballverweigerin kommt nicht drum rum. Es ist EM. Die Vorboten und die Vorfreude darauf fielen zwar – vermutlich pandemiebedingt – eher geringer aus als in anderen Jahren. Trotzdem ist das Spektakel kaum zu umgehen.
Und es ist auch nicht zu umhören. Selbst wer den eigenen Fernseher oder das Radio gar nicht erst für den internationalen Fussballtrubel einschaltet, hört die Geräte des (oder der) Nachbarn. Und sogar wenn die Nachbarin den Fernseher nicht eingeschaltet hat, lassen Geräusche von draussen einen Rückschluss auf den aktuellen Spielstand zu.
«Nein! Hallo!», schallt es etwa aus einem Fenster, die entsetzt-empörten Ausrufezeichen sind deutlich hörbar. Irgendwo wird laut und sehr schweizerisch geflucht, woanders wird eine Bierdose gezischt, dem Klingen nach nicht, um auf ein tolles Spiel anzustossen. Nun gut, das lässt vielleicht noch keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, welche Mannschaft nun vorne liegt – das Public Hearing aber macht trotzdem Spass, Leben im Quartier! Die vielen Geräusche animieren vielleicht sogar Nichtfans, doch mal einen Blick auf den Bildschirm zu riskieren.
Oder einen aus dem Fenster, denn spätestens dann ist ganz klar, wer gewonnen hat. «Hier draussen tanzen Italiener», lautete der Inhalt einer Whatsapp-Nachricht an die Landluft-Verfasserin. Sie taten es lautstark und freudig. Die Schweizer Fans dürften sich zum Weinen eher ins stille Kämmerchen zurückgezogen haben.
Übrigens: Die korrekte Übersetzung von «Public Hearing» bedeutet «öffentliche Anhörung». Eine solche hätten am Mittwochabend wohl einige gerne mit der Schweizer Nationalmannschaft durchgeführt…
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