Ausgrabungen fördern zwei mittelalterliche Siedlungen zutage
Das Landstädtchen Elgg ist für Altertumsforscher sehr ergiebig: Es ist für Fundstellen aus diversen Epochen bekannt. Nun sind Kantonsarchäologen bei einer Grossgrabung auf Überreste zweier Siedlungen aus dem Mittelalter gestossen.
Neun Mehrfamilienhäuser werden an der Florastrasse in Elgg dereinst stehen. Im Moment gleicht die 11 000 Quadratmeter grosse Bauparzelle an der Eulach aber noch einem Kraterfeld. Einige Gruben und Löcher sind mit blauen Nummernschildern markiert. Der Grund: Vor den Bauarbeitern sind die Archäologen am Zug. Bei Sondierbohrungen ist man im letzen Herbst auf vielversprechende Resultate gestossen, die grössere Siedlungsbefunde vermuten liessen. Daher hat die Kantonsarchäologie im Dezember 2013 eine Grossgrabung gestartet. Mit den Ausgrabungen sollen bedeutsame Funde gesichert und dokumentiert werden, bevor das Gebiet überbaut wird. Seither arbeiten sich die Archäologen in einem mobilen Zelt Fläche für Fläche und Schicht für Schicht zu den interessanten Strukturen vor, wie Projektleiterin Adina Wicki gestern an einem Medienrundgang erklärte. Diese liegen rund eineinhalb Meter unterhalb der Geländeoberfläche. Tropenhut und Zahnbürste sucht man als Utensilien vergebens. «Das sind Klischees», sagte Wicki. Die Bodenschichten werden teilweise sogar mit kleinen Baggern abgetragen. Vom Handwerk geprägt Bislang stiessen die Archäologen bei den Grabungen auf Überreste aus der Spätbronzezeit um 1000 vor Christus sowie aus dem Früh- und Hochmittelalter (5. bis 7. Jahrhundert beziehungsweise 13. Jahrhundert nach Christus). Neben Spuren von ebenerdigen Pfostenbauten konnten bisher 17 Grubenhäuser freigelegt werden, die im Boden versenkt wurden. Sie gehören zu zwei sich überlagernden Siedlungen des Früh- respektive Hochmittelalters und deuten auf eine handwerkliche Ausrichtung der Siedlung hin. In einem Grubenhaus konnten die Altertumsforscher drei Webkeller freilegen. «Das war fast schon eine kleine Manufaktur», sagte Wicki. Das feuchtere Klima im Untergrund war ideal, um Textilien zu verarbeiten. Unter einem Steinhaufen lag ein kuppelförmiger Ofen aus dem Hochmittelalter vergraben. Dieser wurde wahrscheinlich zum Backen von Brot genutzt. «Dass wir keine Brandrötung gefunden haben, deutet auf geringere Temperaturen hin», erklärte Wicki. Daneben wurden unter anderem Überreste von Keramikgefässen und Schmuckobjekten entdeckt. Unter den Fundstücken befinden sich aber auch Werkzeuge wie etwa Nadeln aus Knochen oder Messer aus Eisen. Zudem wurden Kacheln geborgen, die von einem frühen Kachelofen aus der Zeit um 1300 stammen. Kamm als Prunkstück Das Prunkstück ist aber ein aus Geweih geschnitzter Kamm mit einer Länge von 15 Zentimetern. Wegen seiner Verzierungen dürfte er in spätrömischer oder frühmittelalterlicher Zeit als Haarschmuck gedient haben. «Aus jener Zeit gibt es bisher nur wenig Fundstücke», sagte Wicki. Derzeit wird der Kamm – wie auch weitere Fundstücke – im Sammlungszentrum des Landesmuseums in Affoltern am Albis restauriert. Der Fund der Gegenstände und der Siedlungsreste ist aussergewöhnlich für den Kanton Zürich. Eine Überraschung ist es aber nicht. Elgg ist bereits bekannt für seine zahlreichen Fundstellen aus verschiedenen Epochen (siehe Grafik). Dies liegt auch an der siedlungsgünstigen Lage. Grabungen bis Ende Jahr Die Ausgrabungen an der Florastrasse in Elgg werden voraussichtlich noch bis Ende Jahr andauern. Die Erkenntnisse werden zum weiteren Verständnis der langen Siedlungsgeschichte des Landstädtchens beitragen. Am kommenden Samstag können Interessierte die Grabung besichtigen. Dass der Termin gleich mit dem Mittelalterspektakel im Rahmen der historischen Sommerfestspiele zusammenfällt, war nicht geplant. «Aber wir erhoffen uns dadurch natürlich mehr Besucher», sagte Markus Pfanner, Mediensprecher der kantonalen Baudirektion. Fabio Mauerhofer Am Samstag, 14. Juni, organisiert die Kantonsarchäologie einen Tag des offenen Bodens in Elgg. Von 10 bis 16 Uhr können Interessierte die Grabung an der Florastrasse besichtigen. Es wird auch eine Auswahl an Funden präsentiert.
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