Bankenaufsicht: Kompromiss steht
brüssel. Die EU-Regierungschefs finden einen Kompromiss für die Einführung der Bankenaufsicht. Die heiklen Detailfragen überlassen sie aber den Finanzministern und den Juristen.
«Hier findet doch kein Boxkampf statt zwischen Deutschland und Frankreich», kritisierte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker die «grotesken» Medienberichte über den in einer langen Nachtsitzung gefundenen Kompromiss für die Einführung der EZB-Bankenaufsicht. Bei der seriösen Diskussion an der bis um drei Uhr morgens dauernden Sitzung habe es 120 Wortmeldungen gegeben und nicht nur von Frankreich und Deutschland, sagte Juncker. Wichtig sei, dass die Bankenunion nun möglich sei. Hingegen müssten noch Details festgelegt werden, bevor es eine direkte Bankenrekapitalisierung durch den Rettungsschirm ESM geben könne, sagte Juncker.
Tatsächlich hatten sich die Regierungschefs darauf geeinigt, dass der rechtliche Rahmen für die Einrichtung der Bankenaufsicht bei der EZB bis am 1. Januar stehen muss. Die Arbeiten zur operativen Umsetzung würden im Laufe des Jahres 2013 stattfinden, heisst es in den Schlussfolgerungen. Wann die neue Aufsicht nun wirklich mit der Arbeit beginnen kann, interpretierten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande anschliessend vor den Medien leicht unterschiedlich.
Ambitionierter Zeitplan
Von «einigen Monaten» sprach Merkel, für die es «klar wie Klossbrühe ist», dass eine Organisation mit 200 bis 300 Beschäftigten nicht von einem Tag auf den andern errichtet werden kann. Hollande sprach dagegen von «wenigen Wochen oder Monaten». Einig waren sich beide, dass Spanien nicht darauf angewiesen sei, dass seine Banken direkt durch den Rettungsschirm ESM unterstützt werden. Die genauen Kriterien, wann die direkte Bankenrekapitalisierung durch den ESM, welche den Teufelskreis zwischen Banken und Staatsanleihen durchbrechen soll, angewandt werden kann, müssen von den Finanzministern der Euro-Gruppe ausgearbeitet werden.
Unklar blieb weiter, welche Institute nun der Aufsicht der EZB unterstellt werden sollten. Laut den Schlussfolgerungen der Regierungschefs wird die EZB in der Lage sein, in «differenzierter» Weise eine direkte Aufsicht auszuüben. Hollande erklärte dies so, dass bei kleineren Banken die nationale Aufsicht im Namen der EZB handeln könne. Nicht nur unterschiedliche Ansichten zwischen Frankreich und Deutschland, sondern auch die Behandlung der Länder, die den Euro (noch) nicht eingeführt haben, bei der Bankenaufsicht sowie weiteren Reformen zur Stärkung der Euro-Zone führten zu langen Gipfeldiskussionen. Politisch sei man sich bei der Bankenaufsicht über die Gleichbehandlung einig, sagte EU-Präsident Herman Van Rompuy. Rechtlich müsse dies aber noch geklärt werden. Ein Gutachten des Rates hatte ergeben, dass die Nicht-Euro-Länder zwar bei dem neuen Gremium, das die Entscheide vorbereitet, mitmachen können. Nicht möglich sei dies aber beim letztlich entscheidenden EZB-Rat.
Merkel dachte wohl an diese und weitere juristische Fussangeln, als sie erklärte, es sei bereits sehr ehrgeizig, sich bis Ende Jahr auf die Rechtsgrundlage für die EZB-Aufsicht zu einigen. Keine Entscheide gab es zum Vorschlag über ein zusätzliches Budget der Euro-Staaten und weitere Ideen zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Der deutsche Vorschlag für einen Super-Währungskommissar, der sein Veto gegen nationale Budgets eines Euro-Landes einlegen könnte, erhielt wenig Unterstützung. Merkel selber verwies auf die Aussage von Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Dieser erklärte, der jetzige Währungskommissar Rehn sei bereits mit allen Vollmachten ausgestattet, die mit dem gegenwärtigen Vertrag möglich sind.
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