Die Deutschen geben am Salon den Ton an
Heute eröffnet der 83. Genfer Auto-Salon. Hinter den hochglanzpolierten Karosserien nehmen die Kontraste zu: Selten war die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern grösser.
Die Franzosen und Italiener sind mit ihrem Latein am Ende, die Deutschen mit ihrer Bescheidenheit, so lautet, zugespitzt, das Fazit in Genf. Die 83. Auflage des Auto-Salons gleicht einem gigantischen Diorama. Thema: die wirtschaftliche Grosswetterlage in Europa mit dem isolierten Hoch über Deutschland. Die Gemütslage der deutschen Hersteller bringt VW-Marketingchef Peter Thul auf den Punkt. «Gute Laune, die haben wir», sagt er bei der Show seines Arbeitgebers am Dienstag. 15 Minuten stehen an den Pressetagen jedem Aussteller zu. VW nutzt sie, um klarzustellen, wer am Salon den Ton angibt, und das wortwörtlich, mit ohrenbetäubender Musik. Deutsches Selbstvertrauen, ausgedrückt in Dezibel. Tags zuvor hat die Fachpresse den Golf VII zum Auto des Jahres gewählt, mit epischem Vorsprung auf die Verfolger. «Es war ein Erdrutschsieg», konstatiert die VW-Konzernspitze unbescheiden und enthüllt sechs weitere Golf-Varianten. Ist dieser doch «das Musterbeispiel unseres Querbaukastens». Der Modulbau ist aktuell das Patentrezept der Branche. Er ermöglicht Modellvielfalt und hält die Kosten tief. Diversifikation im Einheitsbrei – diese paradoxe Strategie hat VW perfektioniert und fährt Milliardengewinne ein. Ein Lichtblick aus Italien Anders die Italiener: Fiat und Lancia sind ohne echte Neuheiten nach Genf gereist. Lichtblicke gibts nur bei Alfa. Das Interesse ist riesig, als der Alfa Romeo 4C erstmals live gezeigt wird. Der Sportwagen zum Preis eines Porsche Cayman soll die Marke wiederbeleben und ab Ende Jahr auch die Amis für Alfa begeistern. Konzernchef Sergio Marchionne – im typischen Casual-Look mit Hemd und Pullover – spricht smart in die Kameras, kann aber nicht über die Probleme hinwegtäuschen. Die Modellentwicklung kommt nur schleppend voran und es gibt viele ungelöste Probleme: Die Jahresproduktion des 4C zum Beispiel ist aus Kapazitätsgründen auf 3500 Exemplare limitiert. Bei den ebenfalls angeschlagenen Franzosen läuft die Modellentwicklung besser. Renault und Peugeot stellen in Genf ihren Kleinwagen Clio und 208 je eine Sportvariante zur Seite. Und beide zeigen einen kompakten Crossover auf derselben Plattform. Ob das reicht, um aus dem Verkaufskeller zu kommen, ist fraglich. Grösstes Handicap der Franzosen bleibt ihre Europazentriertheit. Dieses Problem kennt auch Opel. Mit dem Unterschied, dass es hier die Stallorder von GM ist, die eine Erschliessung der Wachstumsmärkte verhindert. Die Rüsselsheimer zeigen in Genf das attraktive Mittelklassecabrio Cascada, eine Offroad-Cabrio-Version des Adam sowie Karl-Thomas Neumann, den neuen Mann an der Spitze. Er soll bei der GM-Tochter mit einer beispiellosen Modelloffensive den Turnaround schaffen. Imagepflege made in USA Mit fernöstlicher Zurückhaltung treten die Japaner auf. Toyota zeigt eine Kombivariante des Auris sowie den Prototypen der offenen Version des Sportwagens GT 86 – ein Indiz, dass der europäische Markt beim weltweit grössten Autokonzern zurzeit nicht im Vordergrund steht. Solide sind die Koreaner unterwegs: Kia erweitert die Modellpalette des Korea-Golf Cee’d. Hyundai schickt das SUV Santa Fe als Siebenplätzer an den Start. Und die USA? Chevrolet betreibt Imagepflege mit Nischenfahrzeugen am obersten und untersten Ende der Ökoskala: der neuen Corvette Stingray und der Elektrovariante des Kleinwagens Spark. Bleiben noch jene Deutschen, die keine VW-Töchter sind. Mercedes lässt die rundumerneuerte E-Klasse und die AMG-Variante der A-Klasse debütieren, BMW eine GT-Version des 3ers, die eigentlich eher für die USA und China gedacht ist. Das sind keine Paukenschläge. Dass es doch noch grossspuriger als bei VW geht, beweist Rolls-Royce-CEO . Mit der Attitüde und Frisur eines Gordon Gekko lässt er einen neuen Traumwagen vom Stapel laufen: den «Wraith» (was in Schottland Geist bedeutet). Zwei Dinge über den stärksten Rolls-Royce aller Zeiten sind bereits gewiss. Nur wenige können sich einen leisten, und nur wenige werden seinen Namen richtig aussprechen. Weil man wenigstens das zweite ändern kann, sei verraten: Das W in Wraith ist stumm.
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