Die ersehnte Ruhe nach dem Sturm
Im Streit mit der Kirche haben sich die Anwohner durchgesetzt. Ab Januar bleiben alle katholischen Kirchen in der Stadt die Nacht über stumm. Die Lärmkläger freuen sich – aber in auffallend leisen Tönen.
Je länger der Glockenstreit dauerte, desto mehr nahm er die Züge eines Konfliktes an, in dem es um Religionsfreiheit und den Stellenwert der Landeskirche in der Gesellschaft geht. Der Dialog zwischen den Parteien blieb auf der Strecke. Und zwischen Lärmgegnern und Traditionalisten, die ihr Heimatgut und ihre Kirche angegriffen sahen, kam es auch zu Gehässigkeiten. Wie zerfahren das Verhältnis ist, zeigte sich auch, als die katholische Kirchenpflege gestern ihren abschliessenden Entscheid in der Sache bekannt gab. Sie informierte nicht zuerst die Lärmkläger in Töss und Mattenbach, sondern die Medien. Begründung: Mit den Lärmklägern sei man über die Stadt in Kontakt. «Das sind super Neuigkeiten» Die klagenden Anwohner ihrerseits reagieren mit auffallend verhaltener Freude auf den Entscheid. Obwohl sie genau das bekommen, was sie verlangt haben: Die Glocken der katholischen Kirchen werden künftig von 22 bis 6 Uhr nicht mehr schlagen. Offen triumphieren mag darüber keiner der Beschwerdeführer. «Es sind super Neuigkeiten. Ich konnte erst gar nicht daran glauben», sagt Regula Spatarro, die im Eisweiherquartier nahe der Kirche Herz Jesu wohnt. Und sie ergänzt, jetzt sei es wichtig, dass sich das Verhältnis zur Kirche wieder normalisiere. Ähnlich tönt es in Töss um die Kirche St. Josef. «Ich freue mich, dass wir endlich wieder bei offenem Fenster schlafen können», sagt Barbara Mullis. Und sie lobt, dass die Kirchenpflege gleich Nägel mit Köpfen gemacht und auch für die Kirche St. Peter und Paul eine Nachtruhe beschlossen hat, obwohl dort bisher keine Klagen vorlagen. Auch Mullis ist an einer Glättung der Wogen interessiert. «Ich bin ja selbst katholisch. Mein Sohn wurde sogar in der Kirche St. Josef getauft.» Die katholische Kirchenpflege will die Glockensteuerungen der drei Kirchen bis im Januar neu programmieren lassen. Das bedeutet: Ab 2014 schweigen in der Nacht alle sieben katholischen Kirchen in der Stadt. Vier davon kannten schon bisher keinen nächtlichen Glockenschlag. Sie wurden zu einer Zeit gebaut, als der Sinn dieser Zeitangabe bereits in Frage stand. Derweil bleibt das eigentlich kirchliche Brauchtum, also das Geläut zur Messe, wie es ist. «Das liturgische Geläut, auch nachts, ist nicht verhandelbar», lässt Kirchenpflegepräsident Urs Rechsteiner unmissverständlich wissen. Allerdings hatte es gegen diese Traditionen auch nie Opposition gegeben. In diesem Sinne zur Liturgie gehören das Geläut zu Gottesdiensten, Beerdigungen und Hochzeiten sowie das Läuten an Weihnachten, Silvester und in der Osternacht. Noch offen ist, wie sich das Einlenken der Katholiken auf die reformierten Kirchen auswirkt. Sie hatten bislang mit keinen Lärmklagen zu kämpfen. Ihre Glocken schlagen auch in der Nacht jede Viertelstunde.
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