Die Swissness und ein Missverständnis
Biel. Swatch-Chef Nick Hayek hat im Streit mit dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse nachgelegt: Der Verband habe seine Glaubwürdigkeit komplett verloren. Im Zentrum des Streits steht die Swissness-Vorlage.
Mit der Veröffentlichung des Geschäftsberichtes auf Schweizerdeutsch (siehe Kasten) hat Swatch gestern seine Verbundenheit mit der Schweiz betont. Während diese Idee und vor allem die abgewandelten Kantonswappen auf dem Umschlag des Berichts gestern für den einen oder anderen Lacher sorgten, war Swatch-Chef Nick Hayek bei der gestrigen Jahresmedienkonferenz gar nicht zum Lachen zumute.
Hayek, der für seine prägnanten Äusserungen bekannt ist, nutzte die Gelegenheit für heftige Kritik am Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. «Economiesuisse ist überhaupt nicht mehr glaubwürdig», sagte er.
Bereits vergangene Woche eskalierten die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Uhrenverband (Fédération de l’Industrie Horlogère Suisse, FH) und dem Wirtschaftsdachverband. Weil dieser bei der sogenannten Swissness-Vorlage einen anderen Standpunkt als der Uhrenverband vertritt, kündigte FH auf Ende Jahr seinen Austritt aus dem Dachverband an. Die Swissness-Vorlage soll den Schutz von in der Schweiz hergestellten Produkten verbessern. Der Uhrenverband setzt sich für eine Regelung ein, nach welcher der aus der Schweiz stammende Wertanteil eines industriellen Produktes mindestens 60 Prozent betragen muss, um das Produkt als Schweizer Produkt bezeichnen zu können. Economiesuisse wiederum hält diese Regel für die Uhrenbranche zwar für sinnvoll, will aber nicht, dass sie allen anderen Branchen ebenfalls aufgezwungen wird.
Beruhigt hat sich die Situation seit der Ankündigung des Austritts des Uhrenverbandes offenbar nicht. Was der Dachverband laut Hayek braucht, sind «Leadership und echte Chefs».
Grund für das Zerwürfnis zwischen den Uhrenherstellern und dem Wirtschaftsdachverband ist offenbar nicht nur die Swissness-Vorlage. Auch in anderen Bereichen liegt einiges im Argen. So zitierte Hayek etwa aus einem Briefwechsel mit Economiesuisse-Chef Pascal Gentinetta. Als Hayek einen Brief von dem Verband bekam, in welchem angekündigt wurde, dass sich ein externer Berater melden würde, um ein Gespräch über das Befinden gegenüber dem Dachverband zu führen, platzte ihm der Kragen. «Ich verstehe nicht, warum nicht jemand von Economie- suisse selber vorbeikommt. Halten die sich für die grössten Chefs, die nicht einmal mehr mit den Partnern persönlich reden müssen?», lautete Ha- yeks rhetorische Frage dazu gestern.
Der kritisierte Dachverband wiederum machte ein Missverständnis geltend – der Einsatz neutraler Berater sei in solchen Fällen gängig, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Hayek vermochte dies nicht zu besänftigen. Die Existenzberechtigung wollte er dem Wirtschaftsdachverband gestern zwar nicht gleich absprechen – aber seine Diagnose fiel niederschmetternd aus: «Der Verband liegt auf der Intensivstation und will immer noch Arzt spielen», so Hayek. Wie sein Therapievorschlag für Economiesuisse aussieht, ist nicht bekannt.
Auf der Intensivstation liegt Swatch selber mit Blick auf das erfolgreiche Geschäftsjahr 2012 ganz bestimmt nicht. Punkto Swissness gab es aber zumindest indirekt auch schon Kritik von der Gewerkschaft Unia: Die Swatch-Gruppe beschäftige im Tessin viele Grenzgänger, und das zu sehr tiefen Löhnen. Für eine weiterhin positive Entwicklung brauche die Branche aber gut ausgebildete und gut bezahlte Mitarbeiter, so die Gewerkschaft in einer Mitteilung vom Dezember 2012.
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