Ecopop ist im Nationalrat chancenlos
Keine Fraktion unterstützt im Nationalrat die Ecopop-Initiative. Trotzdem wollten sich 62 Parlamentarierinnen und Parlamentarier dazu äussern. Das war selbst dem Nationalrat zu viel des Guten. Trotzdem reichte die Zeit nicht – der definitive Entscheid fällt erst morgen.
Es war eine Drohung: Die Debatte werde nächste Woche fortgesetzt – nötigenfalls open end. Das kündigte Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (CVP, LU) gestern Nachmittag gleich zu Beginn der Beratung der Ecopop-Initiative «Stopp der Überbevölkerung» an. Denn angesichts der Rednerliste mit über 60 Namen rechnete Lustenberger mit einer Monsterdebatte von mindestens sechs Stunden.
Redezeiten wurden nach Fraktionsstärke verteilt
Das aber wollte sich eine Mehrheit des Rates nicht antun und folgte einem Ordnungsantrag der SVP (siehe Box). Die Konsequenz: Statt einer freien kam es zu einer organisierten Debatte. Das heisst: Nicht alle Nationalräte dürfen sich zu Wort melden. Vielmehr müssen die Fraktionen ihre Redner bestimmen – und deren Redezeit richtet sich nach der Fraktionsstärke. So stehen nun etwa der SVP in der Ecopop-Debatte 51 Minuten zur Verfügung, den Grünen hingegen nur 14. Damit kann die Beratungszeit auf die Hälfte reduziert werden. Trotz dieser Massnahme reichte es gestern nicht, das Ecopop-Begehren zu Ende beraten. Dabei ist längst klar, dass die Initiative im Rat keine Chance hat. Denn inhaltlich gibt es kaum Differenzen: Nicht einmal die SVP-Fraktion, die ebenfalls die Zuwanderung reduzieren will, sieht in deren Beschränkung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung eine Lösung. Eine derart rasche und tiefgreifende Reduktion der Zuwanderung wäre für die Schweiz nicht verkraftbar, sagte SVP-Sprecher Heinz Brand (GR). Zudem sei es eine Illusion, dass die Schweiz mittels Geburtenkontrolle auf das globale Bevölkerungswachstum Einfluss nehmen könne. SP-Sprecherin Cesla Amarelle (VD) sagte das Ende der Personenfreizügigkeit voraus sowie katastrophale Folgen für die Wirtschaft und die Sozialwerke. «Die Ecopop-Initiativ ist keine Umweltinitiative, sondern eine Anti-Einwanderungs-Initiative», stellte GLP-Sprecherin Tiana Moser (ZH) fest. Dieser Meinung ist auch die CVP-Fraktion: Gerhard Pfister (ZG) bezeichnete das Volksbegehren als «anmassend und widersprüchlich». Den Initianten gehe es nicht um den Erhalt der natürlichen Ressourcen, «sondern um den Erhalt der eigenen Lebensstandards». Alexander Tschäppät (SP, BE) attestierte ihnen «Weitsicht bis zum eigenen Vorgartenzaun». Kurt Flury (FDP, SO) wies auf die dramatischen Folgen der Beschränkung hin: Nicht einmal alle Auslandschweizer könnten in die Schweiz zurückkehren.
BDP will Gültigkeit noch einmal prüfen lassen
Die Initiative war schon in der vorberatenden Kommission (SPK) schlecht aufgenommen worden. Aber auch wenn sie einem nicht gefalle: «Gültig ist sie», sagte Kommissionssprecher Andreas Gross (SP, ZH). Denn sie wahre die Einheit der Materie. Das sehen allerdings nicht alle so. Die BDP will die Initiative zurückweisen, um die Frage der Gültigkeit noch einmal zu prüfen. «Wenn hier die Einheit der Materie erfüllt ist, dann ist in Zukunft so ziemlich alles möglich», sagte dagegen Pfister namens einer SPK-Minderheit, die eine Ungültigkeitserklärung beantragt. Ob es dazu kommt, ist aber mehr als fraglich. Der Entscheid fällt morgen.
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