Ferrari droht ein Debakel
SINGAPUR. Sebastian Vettel degradierte seine Gegner auf dem Marina-Bay-Strassenkurs zu Statisten. Seinem Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber nahm der Weltmeister gestern mehr als eine halbe Sekunde ab, dem Rest eine bis fünf Sekunden.
Bernie Ecclestone kann sich freuen und weiterhin ruhig schlafen. Das zuständige Gericht in München will vor der immer noch möglichen Prozesseröffnung gegen den 82-jährigen Formel-1-Drahtzieher weitere Stellungnahmen einholen, einen anstehenden Richterwechsel abwarten und deshalb eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens erst im kommenden Jahr treffen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue beim Verkauf der Formel-1-Anteile der Bayern Landesbank 2006 an die Investmentgruppe CVC erhoben. Der bereits verurteilte Bankvorstand Gerhard Gribkowsky soll mit 44 Millionen Dollar für dieses Geschäft gewonnen worden sein. Ecclestone behauptet, er sei erpresst worden.
Immer etwas los
Weniger Freude bereitet dem Formel-1-Boss die Dominanz von Red Bull Racing in der laufenden Weltmeisterschaft. Sebastian Vettel hat die Hälfte aller bisherigen Rennen gewonnen, schon 53 Punkte Vorsprung herausgefahren und gestern am ersten Trainingstag zum Grossen Preis von Singapur noch einen draufgesetzt. 0,604 Sekunden war der Titelverteidiger auf dem gut beleuchteten Marina Bay Street Circuit schneller als Mark Webber im zweiten Red Bull-Renault, mehr als eine Sekunde distanzierte er die Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton sowie den durch Lenkungsprobleme handicapierten Romain Grosjean als erste Verfolger.
Andernorts würde ein monotones Rennen drohen, doch in Singapur ist bisher immer etwas los. Sich bei dieser Hitze zwei Stunden voll zu konzentrieren, ist alles andere als einfach. So sind Zwischenfälle programmiert.
Zum sechstklassierten Fernando Alonso betrug Vettels Vorsprung fast anderthalb Sekunden. So weit weg von der Spitze war Ferrari in diesem Jahr noch nie. Entsprechend gut aufgelegt zeigte sich der Deutsche im nächtlichen Paddock. Auch eine bei ihm ungewohnte 200-Euro-Busse wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse um 1,7 Stundenkilometer konnte daran nichts ändern. Von einer Deklassierung wollte er trotzdem nichts wissen. «Es war ganz schön warm da draussen. Wir sind richtig ins Schwitzen gekommen», gestand er. «Wir waren auf der immer schneller werdenden Piste im richtigen Augenblick mit den weichen Reifen unterwegs. Die andern haben vielleicht andere Prioritäten gesetzt. Am Freitag wird halt immer viel geblufft. Richtig ernst wird es erst im Qualifying», stellt er klar.
Alonso bedient
Alonsos Gesicht nach drei Trainingsstunden bei zuerst 33 und zuletzt 29 Grad und extrem hoher Luftfeuchtigkeit von 71 Prozent drückte anderes aus. Der Spanier war schwer enttäuscht von der Performance seines Ferrari. Noch schlimmer für die Italiener kam es, weil Felipe Massa nach seiner «Entlassung» wenig motiviert schien und sich mit drei Sekunden Rückstand im reichlich ungewohnten 15. Rang klassiert sah, obwohl er wie die meisten fast eine ganze Grand-Prix-Distanz zurückgelegt hatte.
Wie alle Teams ausser Red Bull konzentrierte sich Sauber mit modifizierten Aerodynamikteilen darauf, eine gute Abstimmung zu finden, und war deshalb nicht auf einzelne schnelle Runden aus. Nico Hülkenberg als 14. sieht vor allem mit den weicheren Reifen noch viel Luft nach oben und auch Esteban Gutiérrez war trotz Position 16 nicht unzufrieden. «Das Auto wurde immer besser. Die starke Abnützung der Reifen wird im Rennen aber eine grosse Rolle spielen», glaubt er.
Leimer auf Titeljagd
Im anderen Teil des Schweizer Lager galt es gestern bereits ernst. Mit dem dritten Saisonsieg und dem achten Punkteplatz in Folge hat Fabio Leimer vor zwei Wochen in Monza die Führung in den GP2-Series auf beeindruckende Art zurückerobert. Jetzt winkt dem 24-jährigen Aargauer im Vorhof der Formel 1 der Meistertitel, der seine Karriere noch einmal neu lancieren könnte. Mit Ausnahme von Davide Valsecchi, dem aktuellen Ersatzfahrer von Lotus, haben alle bisherigen Gewinner dieser seit 2005 ausgetragenen Meisterschaft den Sprung nach oben geschafft: Nico Rosberg, Lewis Hamilton, Timo Glock, Giorgio Pantano, Nico Hülkenberg, Pastor Maldonado und Romain Grosjean.
Aufnahme in diesem illustren Kreis zu finden, ist das erklärte Ziel Leimers und diesem ist er mit dem dritten Platz im Qualifying für das heutige Hauptrennen in Singapur einen weiteren Schritt nähergekommen. Zwar liegt er im Gesamtklassement nur sechs Punkte vor dem Briten Sam Bird, doch der Mercedes-Schützling wurde gestern aufgehalten und kam über den 10. Startplatz nicht hinaus. Da sich auch die Verfolger Stefano Coletti und der von Force India ins Visier genommene James Calado weit hinten einreihen müssen, droht Leimer höchstens Gefahr vom Brasilianer Felipe Nasr, der hinter seinem Carlin-Teamkollegen Jolyon Palmer Platz 2 eroberte.
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