First Class für Langbeiner
Wenn Sie je einen Range Rover gefahren sind, haben Sie eines sicher nicht bemängelt: dass das SUV zu klein ist. Dennoch bieten die Briten nun eine Version mit (noch) längerem Radstand an.
Bigger is better, pflegt Jeremy Clarkson zu sagen. Und wenn «JC» etwas sagt, hängen ihm über 350 Millionen Menschen an den Lippen – schliesslich ist die von ihm moderierte BBC-Autosendung «Top Gear» das beliebteste TV-Format überhaupt. Ob grösser tatsächlich zwingend besser ist, sei einmal dahingestellt – bei Clarksons erklärtem Lieblingsgefährt, dem Range Rover, kann man es so sehen. Muss man aber nicht, wie unser Test der Version mit längerem Radstand zeigt. Auch in meiner persönlichen Rangliste der besten Autos nimmt der Range Rover einen Spitzenplatz ein. Der britische Nobel-Geländewagen bietet enorm viel, fahrerisch, technisch, ausstattungsmässig. Freilich wird auch beim Platzangebot geklotzt statt gekleckert – der Range gehört zu den Riesen unter den grossen Offroadern. Wem das indes nicht genügt, der kann nun erstmals auch eine Variante mit noch längerem Radstand (LWB, Long Wheelbase) ordern. Das SUV misst dann stolze 5,19 Meter, weil der Radstand um 20 Zentimeter auf 3,12 Meter gestreckt ist. Die Breite (2,22 Meter mit Aussenspiegeln) bleibt gleich, die Höhe nimmt um 5 Millimeter auf 1,84 Meter zu. Diese Verlängerung wirkt sich primär auf das Platzangebot im ohnehin opulenten Fond aus: Wie in einer Luxuslimousine kann man sich da nun auf feudalen Lederfauteuils fläzen und ein Ambiente wie in einer Edellounge geniessen, umgeben von moderner Technik und feinster Noblesse. Die beiden grossen Bildschirme, an den Lehnen der Vordersitze montiert, sind da fast schon profan, und auch Sitzheizung und -lüftung gehören längst zum guten Ton, ebenso die Lenkradheizung. Auch dass man sich während der Fahrt vom Gestühl durchkneten lassen kann, ist inzwischen keine Seltenheit mehr – ein willkommener Genuss ist es dennoch. Der Komfort ist folglich grandios – egal, auf welchem der vier Sitze man nun untergebracht ist. Das grosse SUV rollt dank elektronisch gesteuerter Luftfederung an beiden Achsen äusserst souverän ab, das System erlaubt es dem Geländewagen sogar, einen Hofknicks vor seinen Passagieren zu vollführen, damit diese bequemer zusteigen können. Freilich kommt dieses Fahrwerk auch den enormen Offroad-Fähigkeiten des Range Rover zugute – doch einen LWB ins grobe Gelände zu führen, grenzt ohnehin an Ketzerei. Da ist es auch nebensächlich, dass sich die Rampenwinkel in der langen Version leicht verschlechtern. Und das eingebaute Sonar, das den Pegelstand des durchfahrenen Gewässers ermittelt und grafisch anzeigt, wirkt in dieser Modellvariante etwas fehl am Platz – um zu ermitteln, ob die Passagiere beim Aussteigen Gefahr laufen, in eine Pfütze zu treten, taugt das System nämlich nicht. Die LWB-Version ist für sämtliche Motorisierungen erhältlich, notabene ausschliesslich in der höchsten Ausstattungsvariante Autobiography. Nach dem Motto «Wennschon – dennschon» fuhren wir die Topversion 5.0 V8 Supercharged – und die hat es in sich. Der Fünfliter-Achtzylinder wird von einem Kompressor auf 510 PS gepusht, das maximale Drehmoment beträgt 625 Nm und steht zwischen 2500 und 5500 Umdrehungen zur Verfügung – das sind Supersportwagenwerte. Entsprechend brachial ist die Beschleunigung. Auf dem Papier bedeutet das: in 5,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h. In der Realität bedeutet das eine unfassbar druckvolle Beschleunigung und ein schier unerschöpfliches Reservoir an Power. Es ist schon erstaunlich, wie explosionsartig der über 2,4 Tonnen wiegende Koloss nach vorne katapultiert wird – genauso wie es überrascht, wie flink und präzis der lange Lulatsch durch Kurven dirigiert werden kann. Natürlich nur, wenn diese nicht zu eng sind; der Wendekreis beträgt 13,4 Meter. Hinter dem Volant fühlt man sich demnach prächtig –die komfortable Lounge im Fond gerät da schnell in Vergessenheit. Die Schattenseiten sind freilich der für diese Fahrleistungen notwendige Verbrauch und das durch den langen Radstand bedingte erschwerte Rangieren. Dank Stopp-Start-System und lobenswerter Achtstufenautomatik notierten wir einen Schnitt von 13 Litern auf 100 km – das ist viel, gemessen an Gewicht und Fahrleistung aber ein guter Wert. Dennoch ist der angebotene Diesel klar die vernünftigere Wahl. Und mit dem LWB durch ein enges Parkhaus zu manövrieren, gleicht einem Eiertanz – da ist das Rundherum-Kamerasystem sehr willkommen. Abschliessend sei die Frage erlaubt, wieso eine Version mit langem Radstand überhaupt angeboten wird – schliesslich ist auch der «kurze» Range riesig. Es sind die Jeremy Clarksons dieser Welt, die solche Fahrzeuge kaufen. Sein Leitsatz «Bigger is better» trifft für den Range Rover allerdings nicht zu: Er ist grösser und luxuriöser; besser ist er dadurch nicht. Dafür deutlich teurer: Ab 176?000 Franken kostet die Topversion, 9500 Franken mehr als die kürzere Variante.
Range Rover 5.0 V8 Supercharged LWB + Enormer Luxus + Grandioser Komfort + Eindrückliche Fahrleistungen – Hoher Verbrauch – Schwieriges Manövrieren – Stolzer Preis
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