Google kauft sich Hausdaten
Google will weiter in den Alltag seiner Kunden eindringen. Der 3,2-Milliarden-Dollar-Kauf der US-Firma Nest kann helfen, wichtige Daten aus der Privatsphäre zu erschliessen.
Warum um Himmels willen gibt Google so viel Geld aus für ein junges Unternehmen, das sich auf intelligente Thermostate und Rauchmelder spezialisiert hat? Weil Nest nicht einer unter vielen Herstellern ist, sondern sogenannte «ungeliebte Geräte» für den Haushalt neu erfunden hat. Hinzu kommt der Mann an der Spitze des Unternehmens, um dessen Expertise sich im Silicon Valley viele reissen. Tony Fadell hatte sich vor dem Schritt in die Selbstständigkeit mit der Entwicklung von iPod und iPhone bei Apple einen Namen gemacht. Intime Details der Bewohner Beides hilft Google bei seiner Strategie, eine Schlüsselrolle im vernetzten Alltag zu übernehmen. Darum konkurriert der Konzern aus Mountain View mit Apple, Philips, Bose und vielen anderen Unternehmen, die Endgeräte anbieten, die durch Verbindung mit dem Internet effizienter werden. Nest erwies sich in diesem rasant wachsenden Markt als besonders erfolgreich. Seit Einführung des intelligenten Thermostats, der wie ein Eishockeypuck mit digitalem Display aussieht, verkaufte das Start-up rund 1,3 Millionen Geräte. «Google möchte alles wissen» Damit dürfte Nest bereits ein Prozent aller US-Haushalte erreicht haben. Der Grund für den Erfolg liegt auf der Hand. Dank ausgeklügelter Sensoren und Algorithmen lernen die Thermostate intime Details über ihre Besitzer und helfen Energie zu sparen. Sie registrieren, wenn jemand das Haus betritt, wann er zu Bett geht und wieder aufsteht, in welchem Zimmer sich Personen aufhalten und wann das Haus leer steht. Entsprechend passt es die Temperaturen an. Alternativ lässt sich der Regler bisher via iPhone kontrollieren. Demnächst werden sich die Nest-Thermostate und kürzlich auf dem Markt eingeführten Rauchmelder auch mit Smartphones steuern lassen, die auf dem von Google entwickelten Betriebssystem Android beruhen. Das grössere Plus für den Konzern ist aber der potenzielle Zugriff auf den Datenschatz, den die Thermostate liefern. Was ein Albtraum für Datenschützer ist, lässt Marketingexperten frohlocken. Fällt es doch nicht schwer, sich vorzustellen, wie Google Wissen über Alltagsgewohnheiten nutzen kann, Werbung zu platzieren und Produkte zu verkaufen. Nest-Mitgründer Matt Rogers wittert die Gefahr, die der Google-Deal mit sich bringt. Vorsorglich versichert er auf der Webseite des Unternehmens, «unser Datenschutzversprechen begrenzt die Nutzung der Kundeninformationen ausschliesslich auf die Verbesserung der Produkte und Dienste von Nest. Wir haben den Schutz der Privatsphäre immer ernst genommen und werden das nicht ändern.» Analysten der Branche hören das Versprechen, schenken ihm aber nur begrenzten Glauben. «Google möchte gerne alles über uns wissen, was es herausfinden kann», meint der Technologie-Analyst Danny Sullivan in der «New York Times». Die Geschichte der Industrie zeige, wie sich Datenschutzversprechen über die Zeit den Geschäftsinteressen angepasst hätten. «Zu beobachten, was in unseren Häusern passiert, ist ein exzellenter Weg, das zu erreichen.»
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