Krasse Aussenseiterinnen
oerlikon. Dank dem Bonus als Co-Organisator neben Deutschland nimmt erstmals seit 42 Jahren wieder eine Schweizer Frauenauswahl an einer Volleyball-EM teil. Die Schweizerinnen treten als Aussenseiterinnen an.
Im Volleyball, nach Fussball die am zweitmeisten verbreitete Sportart der Welt, gilt die Schweiz als Entwicklungsland. In der Weltrangliste, welche die Stärkeverhältnisse allerdings nur bedingt aufzeigt, sind die Schweizerinnen vor der EM nur an Position 109 klassiert. Klar treten die Spielerinnen von Trainerin Svetlana Ilic deshalb im 16 Teams umfassenden Teilnehmerfeld ohne Chance auf den Titelgewinn zum Heimturnier an.
Bereits das Überstehen der Vorrunde, in der die Schweiz von Freitag bis Sonntag der Reihe nach auf Italien, Belgien und Frankreich trifft, wäre ein grosser Erfolg. Am ehesten ist den Schweizerinnen ein Sieg gegen Frankreich zuzutrauen. Mit diesem Erfolg würden sie mit grosser Wahrscheinlichkeit die Achtelfinals (oder offiziell «Playoffs für die Viertelfinals») erreichen. Der Achtelfinal fände ebenso wie der Viertelfinal noch in Zürich statt.
Professionelle Vorbereitung
Um an der EM ein einigermassen konkurrenzfähiges Team präsentieren zu können, hat Swiss Volley vor dreieinhalb Jahren in Zürich und unter der Regie des nationalen Vorreiters Volero Zürich das Projekt «Stützpunkt Nationalteam» ins Leben gerufen. Seither bereiteten sich die mehrheitlich jungen Schweizer Spielerinnen jeweils von Mai bis August unter Svetlana Ilic, der mittlerweile ehemaligen Trainerin von Volero, unter professionellen Bedingungen auf die EM vor.
Die Fortschritte blieben nicht aus. 2012 in der European League sowie 2013 am Masters in Montreux und in der Qualifikation für die WM 2014 sammelte die unerfahrene Equipe wertvolle Wettkampferfahrung. In Montreux schlug sich die Schweiz gegen die besten Teams der Welt achtbar, obwohl es nur Niederlagen absetzte. Und in der WM-Qualifikation verlor das Team nur gegen EM-Gruppengegner Belgien, schaffte aber den Einzug in die zweite Qualifikationsrunde vom Oktober.
«Wir müssen uns nicht mehr schämen im Vergleich mit den besten Teams Europas», sagte Ilic vor wenigen Tagen. «Den Rückstand punkto Wettkampfhärte und Erfahrung kann man in drei Jahren nicht wettmachen. Aber wir haben, wenn alles passt, auf jeden Fall das Potenzial, um eine tolle Leistung abzuliefern. Wir werden alles daran setzen, um zumindest die Achtelfinals zu erreichen.»
«Positiv nervös»
Die zwei offiziellen Hauptproben Ende August gegen EM-Teilnehmer Aserbaidschan gingen in Langenthal zwar verloren, einen inoffiziellen Test gegen denselben Gegner am letzten Sonntag gewannen die Schweizerinnen aber mit 3:2 Sätzen. Sie steigen also mit Selbstvertrauen ins Turnier. «Wir sind positiv nervös, die Vorfreude ist riesig», so Passeuse und Captain Kristel Marbach. «Als Team haben wir in den letzten drei Jahren eine Riesenentwicklung gemacht. Das wollen wir nun auch beweisen.»
Zum Auftakt wartet gegen den ehemaligen Welt- und zweifachen Europameister Italien (Weltnummer 4) allerdings eine happige Aufgabe. Die italienische Serie A gilt auch im Volleyball als eine der besten Ligen der Welt. Und auch Belgien (39.), am Samstag der zweite Gegner, ist deutlich höher einzustufen als die Schweiz. Und deshalb dürfte das Duell am Sonntag gegen die Französinnen (42.) um den Einzug in die K.-o.-Phase entscheiden.
Dritte EM-Teilnahme
Von den 15 Spielerinnen, die ins letzte Trainingscamp eingerückt sind, wird eine noch aus dem Kader fallen (müssen). Entweder dürfte die gesundheitlich angeschlagene Laura Tschopp oder dann wohl deren «Ersatz» Tabea Dalliard den Karrierehöhepunkt verpassen.
Bisher nahmen die Schweizerinnen zweimal (1967 und 1971) an einer EM teil. Qualifizieren mussten sich die Teams damals nicht, eine Anmeldung genügte. 1971 erreichten die Schweizerinnen den 12. Rang. Seither wurde das Nationalteam mehrmals mehr oder weniger aufgelöst. Der wertvollste Sieg gelang einer Schweizer Frauenauswahl 1993 am Masters in Montreux mit einem 3:1 gegen den damaligen Olympiazweiten Russland. Russland geht auch 2013 als Favorit ins Turnier, zusammen mit Italien, Titelverteidiger Serbien, Polen, Deutschland und der Türkei. (si)
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