Luft für Cavaliere wird immer dünner
Florenz. Die Berufungsinstanz hat das Urteil für Silvio Berlusconi bestätigt: Vier Jahre Haft und fünf Jahre Amtsverbot. Noch kann der Cavaliere taktieren.
Das Berufungsgericht von Mailand hat im Mediaset-Prozess das erstinstanzliche Urteil gegen Silvio Berlusconi und mehrere Mitangeklagte bestätigt: Vier Jahre Haft für den Medienmogul und Ex-Premier, dazu das Verbot, sich in den kommenden fünf Jahren in einem politischen Amt und weiter sich drei Jahre in einer führenden Funktion zu betätigen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, Berlusconis Anwälte erklärten, das Verfahren vor das Kassationsgericht, die oberste Rechtssprechung, ziehen zu wollen.
Nach dem Urteil des Appellationsgerichts will nun auch der Staatsanwalt von Neapel, Henro John Woodcock, Anklage gegen Silvio Berlusconi erheben. Dabei geht es um den Vorwurf, den Senator Sergio De Gregorio für drei Millionen Euro zum Wechsel von Italien der Werte zum PdL «überzeugt» zu haben.
Silvio Berlusconi zeigte sich vom Spruch der 2. Kammer des Appellationsgerichtes enttäuscht. Er habe fest mit einem Freispruch gerechnet, erklärte der Cavaliere. Dennoch werde er jetzt noch nicht zum Sturz der Regierung aufrufen. Denn die Verurteilung sei zwar die Folge einer langen politischen Kampagne der Linken gegen ihn, doch sei er bereit, «aus Sorge um das Land» der gerade gegründeten Regierung noch eine Chance zu geben. Er baut darauf, dass seine Anwälte Niccolò Ghedini und Piero Longo vor dem Kassationsgericht einen Freispruch erreichen könnten. Das Gericht habe einen Beschluss des Verfassungsgerichts nicht abgewartet, in dem über die Zuständigkeit bei Prozessen gegen Staatsfunktionäre entschieden werden sollte.Dies sei auch nicht nötig gewesen, erklärte die Vorsitzende Richterin Alessandra Galli, da die zu verhandelnde Straftat – Steuerbetrug im Handel mit Filmrechten über Offshore-Unternehmen – nichts mit der politischen Funktion Berlusconis zu tun gehabt habe.
Letta fürchtet Eklat
Der neue Regierungschef Enrico Letta fürchtete dennoch einen Eklat, der sein Kabinett zum Sturz bringen könnte. Letta beeilte sich, Angelino Alfano zum Regierungsvize zu machen. Er ist Sekretär der Partei Berlusconis. Dennoch erreichten den Premier gute Nachrichten: Sowohl Alfano als auch der Onkel des jetzigen Premiers, Berlusconis Vertrauter Gianni Letta, gaben Entwarnung: Man wolle Politik und Prozesse voneinander getrennt beobachten. Was anderswo Vetternwirtschaft geheissen wird, ist in Italien ein normaler Vorgang.
Ob das Stillhalten auch für die PdL-Basis gilt, ist indes zweifelhaft. Schon aus der zweiten Reihe gibt es Protestankündigungen. Infrastrukturminister Maurizio Lupi rief das «Volk der Freiheit» für den kommenden Samstag zur Protestkundgebung in Brescia auf. Derweil mahlen die Mühlen des Gerichts jedoch eifrig weiter. Erst zu Wochenbeginn hat das Kassationsgericht entschieden, dass die Zuständigkeit der beiden gegen Berlusconi gerichteten Verfahren – Mediaset und Ruby-Prozess – in Mailand verbleibt. Damit wurde der Weg für das Urteil der Appellationskammer am Mittwochabend frei. Silvio Berlusconi wird trotz einer Verurteilung seine Haftstrafen aber nicht absitzen müssen, davor schützt ihn sein Alter von nunmehr 76 Jahren.
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