Mütter, Schwestern und Tanten
Die Täterinnen sind in den allermeisten Fällen keine Fremden, sondern Mütter, Schwestern, Tanten oder Babysitterinnen. Also genau jene Personen, denen ein Kind vorerst uneingeschränkt vertraut und von denen es Schutz erwartet. Umso traumatischer sind die Folgen. Ein typisches «Missbrauchssymptom» gibt es nicht. Die Opfer reagieren sehr unterschiedlich, die Schwere der Tat und die Dauer der Missbrauchsphase haben einen Einfluss. Einige Opfer finden sich im Leben einigermassen zurecht. Andere leiden noch lange unter dem Erlebten. Mögliche Folgen sind ein erhöhter Drogen-, Alkohol- oder Medikamentenkonsum, Essstörungen, Selbstverstümmelungen, Beziehungsprobleme oder Depressionen. Sexualität als etwas Angenehmes zu erleben, wird verständlicherweise schwierig. «Ich habe fast alle Drogen genommen, die es gibt, war alkoholabhängig, habe einen Nervenzusammenbruch gehabt und noch nie eine glückliche Beziehung erlebt», sagt eine betroffene Frau. Ein männliches Opfer berichtet, dass er bis heute nur mit Frauen schlafen könne, wenn diese eine dominante Rolle einnehmen – wie damals seine Mutter. Ein anderer Mann hat Angst davor, von einer Frau angefasst zu werden – weil ihn dies an den Missbrauch durch seine Grossmutter erinnert. Andere können Sex nur in betrunkenem Zustand geniessen, haben Erektionsprobleme oder spüren das Bedürfnis, «beim Sex anderen schmerzhafte Verletzungen zuzufügen». Gerade Männer fühlen sich zudem oft in ihrer sexuellen Identität erschüttert. Ein Betroffener berichtet, er habe als Teenager «mit so vielen Frauen wie möglich geschlafen, um zu beweisen, dass ich nicht schwul bin». Seine Tante hatte ihn als Kind zu Analsex gezwungen und ihm dann eingeredet, er sei homosexuell. Lange hatte der Mann Mühe, eine normale Beziehung zu führen. Manchmal zuckte er nur schon zusammen, wenn seine Frau bei einem Spaziergang in der Stadt seine Hand fasste. Zu Kindern hat er ein schwieriges Verhältnis: «Ich wäre nie darauf gekommen, sie zu missbrauchen. Im Gegenteil: Wenn ich sie in den Arm nahm, bekam ich Angst, ich könnte schon zu weit gehen.»
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