Schwerer Schlag für Italien
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von dominik straub
«Was gut ist für Fiat, das ist auch gut für Italien», hatte Gianni Agnelli, der legendäre Fiat-Patriarch des vergangenen Jahrhunderts, einmal selbstbewusst gesagt. Was der im Jahr 2003 verstorbene «avvocato» damit meinte: Fiat ist Italien, und irgendwie stimmte das auch. Kaum eine andere Marke hat je derart viel «Italianità» versprüht wie der Turiner Autobauer. Und kein anderer Industriekonzern beschäftigte – und beschäftigt bis heute – mehr Arbeitnehmer in Italien. Bloss: Auf die Verlegung des Hauptsitzes in die Niederlande trifft Agnellis Feststellung ganz sicher nicht zu: Der Wegzug wird gut sein für Fiat, aber er ist ein schwerer Schlag für Italien. Die Folgen für die Beschäftigung mögen gering sein. Doch die symbolische Bedeutung könnte nicht gravierender sein: Dass Fiat dem Land den Rücken kehrt, widerspiegelt die gravierenden Strukturprobleme Italiens – und seine Unfähigkeit, diese zu überwinden.
Italiens Wirtschaft wird seit Jahrzehnten gelähmt von einem rigiden Arbeitsmarkt, von einer überbordenden Bürokratie, von einer erdrückenden Steuerbelastung und von hohen Energiepreisen. Darunter leidet die Wettbewerbsfähigkeit, obwohl ein Fiat-Arbeiter gerade mal 1200 Euro netto im Monat verdient. Während die USA auf die existenzielle Krise der Automobilindustrie reagiert haben, verharrt Italien in seiner politischen Lähmung. Der Italo-Kanadier Marchionne hat es einmal selber gesagt: «Ohne Italien ginge es Fiat besser.» Die Verlegung des Konzernsitzes in die Niederlande mag andere Gründe haben als die Strukturprobleme Italiens: Wahrscheinlich handelt es sich einfach um eine Kompromisslösung zwischen Turin und Detroit. Und wenn der Schock bewirkt, dass die Politik in Rom endlich erwacht, dann wäre das, was gut ist für Fiat, am Ende doch noch gut für Italien. Realistischerweise muss allerdings festgestellt werden: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering.
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