Spitzenmedizin: Machtkampf droht
Der Entscheid der Gesundheitsdirektoren, weiterhin in Zürich, Bern und Lausanne Herzen zu transplantieren, löst in Bundesbern Stirnrunzeln aus. Manche Parlamentarier liebäugeln nun damit, den Kantonen die Kompetenz über die Spitzenmedizin zu entziehen.
Während Zürich, Bern und Lausanne jubilieren, weil sie alle weiterhin Herzen verpflanzen dürfen, sind die Gesundheitspolitiker in Bern weniger erfreut. Sie wundern sich darüber, dass die Schweizer Gesundheitsdirektoren die Standorte für diesen prestigeträchtigen Bereich der Medizin nicht reduziert haben, sondern alles beim Alten lassen. Ursprünglich war nämlich geplant, dass nur noch in zwei statt drei Spitälern Herzen verpflanzt werden. Dies, um Kosten zu sparen und die Qualität zu erhöhen. Das zuständige Gremium hat am Donnerstag aber anders entschieden (Ausgabe von gestern).
Für die Zürcher Ständerätin und ehemalige Gesundheitsdirektorin Verena Diener (GLP) ist dieser Beschluss «nicht optimal». Hätte man sich nur an wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien orientiert, «so hätten zwei Standorte wohl gereicht», sagt sie. Dass nun alle drei weiter transplantieren dürfen, ist aus ihrer Sicht «der politische Preis, den wir für unser föderalistisches System bezahlen». Denn von den drei Standorten war niemand bereit, freiwillig auf die Herztransplantationen zu verzichten. Da ist es politisch am verträglichsten, wenn die Kantone untereinander alles beim Alten belassen.
«Um die Kosten in den Griff zu bekommen, brauchen wir eine Konzentration in der Medizin», sagt auch die Basler SP-Nationalrätin Silvia Schenker. Dass die kantonalen Gesundheitsdirektoren das nun im Falle der Herztransplantationen nicht geschafft haben, stimmt sie skeptisch: «Es ist offenbar sehr schwierig, unter den Kantonen eine Einigung zu finden. Welcher Kanton ist schon bereit, seinem eigenen Spital etwas wegzunehmen?» Schenker stellt deshalb die Frage, ob es überhaupt richtig sei, die Kantone sich selbst zu überlassen. «Vielleicht müsste sich hier besser der Bund einschalten und solche Entscheide von oben fällen», sagt sie. Schenker will diese Idee nun in der parlamentarischen Gesundheitskommission prüfen.
Es gibt auch Konzentrationen
Schützenhilfe erhält sie vom Zürcher SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi, der ebenfalls in dieser Kommission sitzt. Er will die Kantone zwar nicht sofort entmachten, sondern abwarten, wie andere Zuteilungsentscheide ausfallen. «Sollten die Kantone aber nur die heutigen Standorte der Spitzenmedizin zementieren statt reduzieren, dann muss der Bund das Heft in die Hand nehmen.»
Auch Verena Diener will den Kantonen «noch eine Chance geben». An der Verteilung der Kompetenzen möchte sie aber lieber nicht rütteln. Man habe über diese Frage schon früher diskutiert und schliesslich den Kantonen die Verantwortung übergeben. «Es wäre falsch, das zu ändern, nur weil wir einmal mit einem Entscheid unzufrieden sind.»
Das ist Musik in Heidi Hanselmanns Ohren. Die St. Galler Regierungsrätin präsidiert das Beschlussorgan, das die Herztransplantationen verteilt hat. Sie verteidigt den Entscheid: «Wir haben uns auf die Empfehlung von Fachexperten gestützt», sagt sie. Diese kämen klar zum Schluss, dass es weder wirtschaftliche noch qualitative Gründe gebe, einem der drei Spitäler die Transplantationen zu entziehen. Gerade am ursprünglich schwächer positionierten Zürcher Unispital habe sich die Qualität in den letzten Jahren stark verbessert. «Unser Entscheid basiert auf Analysen von Fachleuten und nicht auf Lobbying», sagt sie. Und betont, in anderen medizinischen Bereichen habe ihr Gremium sehr wohl Konzentrationen beschlossen. «Nur spricht davon leider niemand.»
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