Unangenehmer Bumerang
Schon die Vorbereitung begann wenig verheissungsvoll: Von der Ankündigung bis zur Einreichung der ersten Volksinitiative der Grünliberalen Partei (GLP) verstrich mehr als ein Jahr. So lange dauerte es, bis Parteipräsident Martin Bäumle alle Kantonalsektionen auf Kurs gebracht hatte. Denn es gab parteiinternen Widerstand gegen das Volksbegehren, mit welchem die Parteiverantwortlichen die Mehrwertsteuer durch eine Energiesteuer auf nicht erneuerbaren Energien wie Erdöl, Erdgas, Uran oder Kohle ersetzen wollen. Vielleicht bedauert Martin Bäumle heute, diesen ungünstigen Anzeichen nicht mehr Beachtung geschenkt zu haben. Der Ständerat lehnt die Initiative in aller Deutlichkeit ab. Er will dem Stimmvolk nicht einmal einen Kompromiss in Form eines direkten Gegenvorschlags vorlegen. Der Entscheid der kleinen Kammer ist richtig und nachvollziehbar. Die Initiative hat einen grundsätzlichen Konstruktionsfehler. Die Mehrwertsteuer ist eine Konsumsteuer, die nichts mit Klimazielen zu tun hat. Im Jahr 2013 betrugen die Mehrwertsteuereinnahmen 22,6 Milliarden Franken. Das wäre ungefähr die Energiesteuer, welche die Verbraucher bei einem Volks-Ja auf Erdöl, Gas und Atomstrom zahlen müssten. Ein hoher Preis, der gewiss Wirkung zeigen und ein Umdenken herbeiführen würde. Gemäss Schätzungen dürfte zum Beispiel die Abgabe auf Benzin neu etwa drei Franken betragen. Heute sind es rund 70 Rappen. Es ist zwar richtig, Abgaben auf nicht erneuerbaren Energien zu erhöhen. Aber das muss unabhängig von der Mehrwertsteuer geschehen, wie es der Bundesrat im Rahmen der Energiestrategie 2050 ohnehin plant. Sonst droht eine problematische Spirale. Denn: Je sparsamer die Verbraucher mit Energie umgehen, desto stärker sinken die Einnahmen des Bundes. Und weil dieser nicht auf seine wichtigste Einnahmequelle verzichten kann, müsste er die Energiesteuer laufend erhöhen. Die Anstrengungen der Verbraucher würden so nicht einmal belohnt. Aber auch eine Reihe von Nachteilen und schwer abschätzbaren Risiken sprechen gegen die Initiative. Sie wäre mit Sicherheit schlecht für Schweizer Industriebetriebe mit hohem Energieverbrauch. Happige Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischer Konkurrenz könnten schmerzhafte Folgen wie Arbeitsplatzverluste nach sich ziehen. Kein Grund zur Freude hätten aber auch Haushalte mit tiefen Einkommen, da die Energiekosten in ihrem Budget einen grösseren Anteil ausmachen. Wobei diese gleichzeitig auch stärker von der Abschaffung der Mehrwertsteuer profitieren könnten. Weiter wäre mit einer Zunahme des Tanktourismus im Ausland zu rechnen. Darunter würde der Detailhandel im Grenzgebiet leiden. Zudem wäre ein Volks-Ja ein Schlag für Lastwagentransporte mit unabsehbaren Folgen für die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe. Martin Bäumle wird nicht müde, zu betonen, dass er offen sei für einen Kompromiss in Form eines direkten Gegenvorschlags. Es scheint, als würde die Kleinpartei ihr erstes Volksbegehren noch so gerne zurückziehen, um nicht einen aufwendigen Abstimmungskampf und eine blamable Niederlage riskieren zu müssen. Wie andere Parteien lancierte auch die GLP ihre Volksinitiative im Wahljahr 2011, um damit die Wähler zu überzeugen. Bei den Wahlen im kommenden Jahr könnte die Initiative nun zum unangenehmen Bumerang werden.
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