Wäsche wird nicht weisser mit Windstrom
Stadtwerk streicht 2013 Atomstrom aus dem Standardmix und bietet eine neue Strompalette an. Sie legt mehr Wert auf saubere und erneuerbare Energien. Doch auch das Bessere hat seine Tücken.
G. P. ist ein ökologisch denkender Mensch. Den Atomstrom, den Stadtwerk konsequent Kernstrom nennt, hat er seit Langem aus seinem persönlichen Strommix verbannt. Doch G. P. hat noch weitere Ansprüche. Weil die Schweiz rund 55 Prozent des gesamten Stromverbrauchs mit Wasserkraft deckt, übernahm G. P. diesen Anteil in seinen Mix. Die restlichen 45 Prozent deckte er mit lokal produziertem Strom aus der KVA Grüze und mit erneuerbaren Energien. Und auch hier hat er seine persönliche Präferenz: Solarstrom allein kommt für ihn nicht in Frage. Zu viele der Fotovoltaikanlagen kommen aus dem fernen China. G. P. findet, hierzulande müssten auch Windkraftwerke und Strom aus Biomasse gefördert werden. Man kann das eigensinnig nennen, für G. P. ist es wichtig. Mit der neuen Strom-Produktpalette, die Stadtwerk per 2013 einführt, ist G. P. nun nicht gerade glücklich. Ihn freut zwar, dass der grüne Stadtrat Matthias Gfeller den Ruf aus den eigenen Reihen erhört und den Atomstrom aus dem Standardmix gestrichen hat, doch das Mischen seiner persönlichen Präferenzen ist nicht mehr möglich. Nur Solarstrom ist beimischbar Als Stadtwerk-Kunde hat G. P. zwar die Wahl zwischen fünf verschiede- nen Stromzusammensetzungen. Doch KVA-Strom beispielsweise ist nicht mehr frei kombinierbar mit anderen Produktionsarten. Einzig Solarstrom lässt sich jedem Mix in beliebigem Anteil beimischen. Und: Der Atomstrom ist nach wie vor am günstigsten. Dies ärgert G. P. ein wenig. Reto Diener, der Präsident der Grünen in Winterthur und in ökologischen Dingen nicht für Halbheiten zu haben, kann G. P.s Überlegungen nicht ganz nachvollziehen; er nennt sie «reichlich spitzfindig» und «eher rechthaberischer Natur». Für Diener ist am wichtigsten, «dass wir uns verbindlich auf dem Weg zur Loslösung von Atomstrom und fossilen Energien bewegen», und das habe Stadtwerk nun so hinbekommen. Doch G. P. ist kein Sonderling. Er gehört zwar zu einer Minderheit, ist aber kein Einzelfall. Rund ein Viertel aller 52 000 Stadtwerk-Kunden haben wie er in den letzten Jahren ihre persönliche Strommischung gewählt, die nicht dem Standardmix entspricht. Und 500 Kundinnen und Kunden würden derzeit reinen Ökostrom beziehen, sagt Maddalena Pellegrino, die Kommunikationschefin von Stadtwerk Winterthur. Eine andere Minderheit sind jene, die sich fragen, ob qualitativ ein Unterschied bestehe zwischen Atom-, KVA-, Wasser- und Solarstrom. Es gibt keinen, sagt Maddalena Pellegrino: «Aus der Steckdose kommt bei allen Kundinnen und Kunden physikalisch dasselbe Gemisch.» Der Braten im Ofen wird nicht schneller gar mit Atomstrom. Und der Tumbler trocknet das Hemd nicht besser mit Windstrom. Wenn kein Unterschied bestehe, moniert eine dritte Minderheit, öffne das Tür und Tor für Betrügereien der Stromfirmen. Betrug sei nicht möglich, entgegnet Pellegrino: «Stadtwerk ist verpflichtet, jährlich seine Strombilanz durch unabhängige Prüfer kontrollieren zu lassen. Die Kundschaft hat dadurch Gewähr, dass wir von einer bestimmten Produktionsart genau so viel einkaufen, wie von der Kundschaft bestellt wurde.»
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