Kommunaler FlickenteppichNur jede dritte Versammlung findet «normal» statt
Durch die Corona-Pandemie fällt die Mehrheit der Rechnungs-Gemeindeversammlungen aus oder ist auf später verschoben. Jene, die am geplanten Datum stattfinden, müssen besondere Vorkehrungen treffen.

Rheinau wird am Dienstag die erste Gemeinde in der Region sein, die im Corona-Zeitalter eine Versammlung durchführen wird. Präsident Andreas Jenni (SP) freut sich über dieses Signal: «Wir sind wieder für den ‹Normalfall› bereit.»
Von den 53 Gemeinden in der «Landbote»-Region haben lediglich deren 17 am ursprünglichen Datum für ihre Versammlung festgehalten, was weniger als einem Drittel entspricht. Dies geht aus den Websites der Gemeinden und Nachfragen bei Verwaltungen hervor.
Insgesamt 22 Gemeinden haben die geplante Versammlung knapp vor oder nach die Sommerferien verschoben. Die restlichen 14 Gemeinden in der Region werden ihre nächste ordentliche Versammlung erst im Winter durchführen und nehmen dann die Rechnung 2019 und das Budget 2021 am selben Abend ab.
Einzig in Bassersdorf ist nicht Corona daran schuld: «Aufgrund technischer Probleme bei der Datenübertragung in Zusammenarbeit mit unserem Systemanbieter, krankheitsbedingter Ausfälle in der Abteilung und des Nichtfindens von temporärer Arbeitsunterstützung konnte die Rechnung nicht planmässig abgeschlossen werden», hiess es auf der Website.
Turnhalle statt enges Gemeindehaus
Die Versammlung komplett aussetzen konnte Hagenbuch nicht. Grund ist ein Kreditantrag für die Aufhebung der Abwasserreinigungsanlage Unterschneit. «Wir brauchen diesen Kredit, um im Sommer bauen zu können», sagt Gemeindeschreiber Stefan Rüegg.
Um die Abstandsregel von zwei Metern jedoch gewährleisten zu können, wird die auf Juli verschobene Versammlung in der Turnhalle statt im alten Gemeindehaus stattfinden. «Der Platz wäre sonst zu eng», sagt Rüegg.

Andere Gemeinden überlegen sich solche Verschiebungen in Turnhallen ebenfalls. Oder aber die Versammlung soll, wie etwa in Wila, bei schönem Wetter gleich unter freiem Himmel stattfinden. Das war auch schon vor dem Coronavirus eine beliebte Variante.
Kranke haben keinen Zutritt
Auch in der Weinländer Gemeinde Volken wird diesen Sommer eine Versammlung durchgeführt, sogar ganz ohne Verschiebung, am 19. Juni. Auf der Einladung von Mitte Mai war bereits das Hygienekonzept aufgeführt. Nebst dem üblichen Corona-Abstand werden auch Gesichtsmasken zur Verfügung gestellt. «Personen mit Krankheitssymptomen wie Fieber, Husten, Kurzatmigkeit wird der Zutritt zum Versammlungsraum untersagt», heisst es in der Einladung.
Um allfällige Infektionen nachverfolgen zu können, soll jeder ein Formular mit Namen und Telefonnummer ausfüllen. Gemäss Gemeinde werden die Angaben verschlossen aufbewahrt und 14 Tage nach der Versammlung vernichtet.
Auch in Rheinau werden bei Nichteinhaltung des Abstands die Namen der Stimmberechtigten aufgenommen. Gemäss Gemeindepräsident Jenni soll die Versammlung in der Mehrzweckhalle stattfinden. «Sie ist so gross, dass wir den Abstand annähernd gut einhalten können.»
Ab 301 Personen droht ein Abbruch
Der Andrang bei Versammlungen für die Abnahme der Jahresrechnung ist jeweils überschaubar. Auch in den grössten Gemeinden in der Region bewegt sich die Zahl der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in einem tiefen dreistelligen Bereich.
Da der Bund aber nur Veranstaltungen bis 300 Personen erlaubt, wäre ein Abbruch der Versammlung bei einem grossen Ansturm denkbar, wie es auf Anfrage beim Gemeindeamt heisst. Denn einem Stimmbürger darf das Recht auf eine Teilnahme nicht verwehrt werden. Die Lösung wäre eine Ausnahmebewilligung vonseiten des Amtes für Justiz und des Innern für eine Veranstaltung bis 1000 Personen. Ob allenfalls eine Gemeinde eine solche Bewilligung beantragt hat, ist offen.
Ein grösserer Andrang wird etwa an der Versammlung der Schulgemeinde Flaachtal vom 17. Juni erwartet, wo seit einem halben Jahr über die Schliessung mehrerer Schulen diskutiert wird. Allerdings betrifft keines der traktandierten Geschäfte dieses Thema, für den 22. September ist eine Infoveranstaltung dazu geplant. Schulpräsident Daniel Heuer sagt deshalb: «Wir gehen von maximal 300 Personen aus und würden, falls wider Erwarten doch mehr Personen Einlass wollen, die Versammlung selbstverständlich verschieben.» Eine Ausnahmebewilligung habe man nicht beantragt.
«Beeinflusst Abstimmung nicht»
Wie viele Leute diesen Sommer an einer Versammlung auftauchen werden, ist schwer abzuschätzen. Denn es könnte auch sein, dass weniger als sonst erscheinen. Denn der Altersdurchschnitt an einer Versammlung ist nahe beim Risikogruppenbereich einzuschätzen. «Selbst wenn dies so wäre, bedeutet das nicht, dass dies den Ausgang der Abstimmung über die Traktanden beeinflussen würde», sagt der Rheinauer Gemeindepräsident Jenni.
Eine weitere Massnahme, wie sie etwa in Rickenbach vorgesehen ist, könnte aber tatsächlich die Stimmberechtigten jeden Alters von der Ausübung ihres demokratischen Rechts abhalten: die Streichung des Apéros.
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