Schutz der BiodiversitätPikante Reform kommt frühestens 2023
Der Bundesrat will die Artenvielfalt stärker fördern. Nur: In wichtigen Fragen bleibt er vage oder lässt sich für deren Beantwortung Jahre Zeit.

In der Schweiz sind die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten bedroht. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom Mittwoch einmal mehr bekräftigt, dass er das Problem angehen will – diesmal in Form einer Stellungnahme zuhanden der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission, die er am Freitag publiziert hat.
Die Kommission hatte zuvor kritisiert, die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen zum Schutz der Biodiversität würden nicht genügen. Der Bundesrat entgegnet nun, viele der gestellten Forderungen würden erfüllt, und zwar durch den indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative, die mehr Geld und Fläche für die Biodiversität in der Schweiz fordert.
Mit dem Gegenvorschlag, der derzeit in der Vernehmlassung ist, will der Bundesrat unter anderem 17 Prozent der Landesfläche zu Schutzgebieten aufwerten und die Vernetzung von Lebensräumen fördern, bestehende Schutzgebiete wo nötig sanieren und die Natur auch in den Städten und Agglomerationen stärken.
Keine fixe Zusage für mehr Personal
Umstritten ist indes, inwieweit es dem Bundesrat im Kampf gegen den Artenverlust tatsächlich ernst ist. Das zeigt sich weniger in den grossen Linien, die er vorgibt, als vielmehr in den Details. Die Kommission fordert etwa für die zweite Phase des laufenden Aktionsplans Biodiversität mehr Personal im zuständigen Bundesamt für Umwelt (Bafu), weil es bei der Umsetzung zu Verzögerungen gekommen ist.
Eine fixe Zusage macht der Bundesrat nun aber nicht. Er schreibt, er könne aus der bisherigen Umsetzung den Personalbedarf gut abschätzen und bei seinem Entscheid 2023 auf «wertvolle Erfahrungen» zurückgreifen. Heute entfallen auf diese Arbeiten im Bafu umgerechnet rund 7 von 520 Vollzeitstellen.
Die Umsetzung bleibt vage
Vage bleibt vorläufig auch, wie der Bundesrat eine pikante Reform anpacken will; Klarheit schaffen will er bis 2023. Es geht um mehr als 150 Subventionen, die nicht nur ihre beabsichtigten Ziele fördern, sondern darüber hinaus die Biodiversität schädigen, etwa die Unterstützung der Kleinwasserkraft, welche die Fauna und Flora beeinträchtigt.
Erklärtes Ziel des Bundesrats ist es, dass bei Entscheiden in allen Politikbereichen die Auswirkungen auf die Biodiversität nicht nur «transparent dargelegt», sondern vor dem Hintergrund politischer und wirtschaftlicher Interessenkonflikte auch «berücksichtigt» werden – eine Ansage, die Zündstoff enthält.
Selbst wenn der Bundesrat sich nun sputen würde: Zu spät ist er ohnehin. Die Schweiz hat sich mit der Unterzeichnung der Biodiversitätskonvention in den 1990er-Jahren völkerrechtlich verpflichtet, umweltschädliche Subventionen bis 2020 abzuschaffen. Oder zumindest so zu erneuern, dass die Schäden minimiert werden.
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