Trainer-Duell im HandballPlötzlich stehen sich zwei alte Kumpanen als Rivalen gegenüber
Die Handballerinnen von Yellow Winterthur fordern am Samstag Rekordmeister Brühl St. Gallen im Cup-Halbfinal. An der Seitenlinie gibts ein unverhofftes Duell.

Yellows Frauen wittern die Chance auf ihren ersten Cupfinal seit sieben Jahren. Allerdings sind die Rollen für den Halbfinal am Samstag in der Axa-Arena verteilt: Sie sind die Aussenseiterinnen, Brühl St. Gallen ist der Favorit. Die Ausgangslage bestätigte sich am Mittwoch, als Yellow in St. Gallen in der Finalrunde der Premium League 25:38 (11:21) unterging.
Der Auftritt machte Trainer Oliver Roth keine Freude. «Die Spannung hat gefehlt, wir haben den Start verschlafen und uns gehen lassen», kritisierte er. «Es ist uns nicht gelungen, für den Cup-Halbfinal etwas Positives mitzunehmen. Ein Abend zum Vergessen.» Damit der kommende Samstag ein Abend zum Erinnern wird, brauche es «eine Reaktion, was Fight und Einsatz angeht», sagt Roth. «Wenn man in einer vom Kampf geprägten Sportart nicht kämpft, hat man keine Chance.» Die St. Gallerinnen seien «momentan ein Stück besser», ergänzt er. «In einem von zehn Fällen können wir sie schlagen. Diese eine Mal muss man packen.»
Als Junioren bei Pfadi
Besser verschmerzen kann er, dass er im Duell mit Brühls Trainer 0:1 in Rückstand liegt. Denn Rolf Erdin, sein «Gegenspieler», ist ein alter Kumpane. «Es war wie ein Klassentreffen», sagt Roth lächelnd zum Match am Mittwoch. In den grossen Neunziger Jahren spielten sie bei den Junioren von Pfadi Winterthur. Später kams zu Einsätzen im NLA-Team, dann wechselte Erdin zu St. Otmar St. Gallen und Roth zu Yellow. In der 1. Liga standen sie sich mal gegenüber, als Roth für Uster und Erdin für Appenzell spielte.
Als Trainer kreuzten sich ihre Wege, wenn auch nicht direkt. Roth übernahm Anfang 2019 den damaligen A-Ligisten Fortitudo Gossau ein halbes Jahr nach Erdins Rücktritt. «Wir hatten uns zu jener Zeit sehr viel über Gossau unterhalten», erklärt Roth. Privat blieb der Kontakt ohnehin über all die Jahre bestehen. Roth erinnert sich an frühere Zeiten, als «wir uns die Bassersdorfer Fasnacht angetan hatten…» Und er erinnerte sich an Erdin, als es auf die laufende Saison hin darum ging, einen Assistenztrainer für die Yellow-Frauen zu finden. Er aber sagte ab.
Gegner für 60 Minuten
Mittlerweile lebt der Bassersdorfer längst im Raum St. Gallen. Seine Firma in Tübach und seine Familie waren die Gründe, weshalb Erdin im Sommer 2020 nach anderthalb Jahren und einem Meistertitel als Trainer von Brühls Handballerinnen zurücktrat. Die Doppelbelastung wurde zu viel. Auf ihn folgte der Däne Nicolaj Andersson, der nun Anfang März seinen Vertrag bei den St. Gallerinnen vorzeitig auflöste und per sofort zu Empor Rostock in die 2. Bundesliga der Männer wechselte. Erdin erklärte sich bereit, für die verbleibenden Wochen bis Saisonende als Brühl-Trainer auszuhelfen – mit dem Vereinsziel, Meisterschaft und Cup zu gewinnen.
«Man kann sich sechzig Minuten lang aufs Dach geben und am Ende sitzt man trotzdem beisammen.»
Deshalb stehen sich Oliver Roth und Rolf Erdin jetzt plötzlich als Trainer zweier Frauenteams gegenüber. «Über die Spiele gegeneinander haben wir nicht gesprochen. Beide wissen, was zu tun ist», bemerkt Roth. «Wir wollen beide gewinnen, wir sind 60 Minuten lang Gegner.» Nach dem Cup-Halbfinal am Samstag aber, so ist zumindest mal vorgesehen, gönnen sie sich ein gemeinsames Essen.
Schon am Mittwoch nach dieser derben Yellow-Niederlage in St. Gallen hätten sich die beiden Coaches, «bald einmal in einer Kabine zu einem Bierchen getroffen», sagt der Unterlegene aus Winterthur. «Das ist ohnehin das Schöne am Handball: Man kann sich sechzig Minuten lang aufs Dach geben und am Ende sitzt man trotzdem beisammen.»
Für Roth gabs auch einen anderen Grund, diesen Mittwochabend doch noch angenehm ausklingen zu lassen: Er hatte Geburtstag.
Cup-Halbfinal, Yellow – Brühl St. Gallen, Axa-Arena, Samstag, 20.15 Uhr

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