BundesverwaltungsgerichtRichterin warnt vor Verlust der Unabhängigkeit der Justiz
Wiederwahlen in Richtergremien dürften nicht genutzt werden, um politisch auf die Rechtsprechung Einfluss zu nehmen, sagt die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, Marianne Ryter.

Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, Marianne Ryter, warnt vor dem Verlust der Unabhängigkeit der Justiz in der Schweiz. Wiederwahlen in Richtergremien dürften nicht dazu benutzt werden, politisch auf die Rechtsprechung Einfluss zu nehmen.
Die Bundesverfassung sei in diesem Punkt eindeutig, sagte Ryter in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» (Montagausgabe). Richterinnen und Richter seien in der Rechtsprechung unabhängig und nur dem Recht verpflichtet.
Richter vertreten nicht die Parteien
Auch wenn das schweizerische Wahlsystem für Richterinnen und Richter einen parteipolitischen Hintergrund kenne, vertrete die Judikative nicht die Parteien. Im Gegenteil: Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit seien verfassungsrechtlich garantiert.
Nur so könne das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf ein faires und gerechtes Verfahren eingelöst werden. Das offenbar vorhandene Unbehagen, dass Richterinnen und Richter zu stark ins Parteiensystem eingebunden sein könnten, gelte es ernst zu nehmen.
Wenn nur schon der Anschein von Befangenheit bestehe, schade dies dem Ansehen. Die Frage, anhand welcher Kriterien Gerichte zusammengesetzt werden, scheine ihr deshalb gerechtfertigt, sagte Ryter. Sie selbst könne einem Losentscheid aber wenig abgewinnen.
Die Debatte über die Unabhängigkeit der Justiz und der Einfluss der Politik hatten sich unlängst am SVP-Bundesrichter Yves Donzallaz entzündet. Die SVP hatte in der parlamentarischen Gerichtskommission gefordert, Donzallaz nicht zur Wiederwahl zu empfehlen.
Die SVP hatte ihren Bundesrichter mehrfach wegen seiner angeblich fehlenden Linientreue öffentlich kritisiert. Sie selbst sei nie von ihrer Partei angegangen worden, sagte Ryter. Und sie kenne auch keine Kolleginnen oder Kollegen, denen Ähnliches widerfahren sei.
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Ihr Verständnis für die SVP-Initiative hat einen Haken: Die SVP ist und war immer kategorisch gegen ein Verfassungsgericht. Sie will Volksabstimmungen über völkerrechtswidrige Verträge und missverständliche Initiativtexte provozieren können, um den politischen Frust überforderter Menschen ausnutzen zu können.