Rekordschneefälle in der DeutschschweizVerspätete Post, geknickte Bäume, ausgefallener ÖV
Seit 2006 gab es nicht mehr so viel Schnee. Der Mix aus Menge, Nässe und relativ warmen Temperaturen führt zu gefährlichen Situationen – in den Wald sollte man nicht gehen.
Bis in den Nachmittag hinein sind am Freitag in der Deutschschweiz rekordverdächtige Mengen an Neuschnee gefallen. In Zürich legten die Schneemengen viele Trams und Busse lahm. (Lesen Sie dazu: Seit 1931 gabs in Zürich nur an drei Tagen noch mehr Schnee.) Wegen der starken Schneefälle rückten die Patrouillen der Kantonspolizei Zürich und der Kommunalpolizeien seit Donnerstagmorgen mehr als 650 Mal aus. (Hier gehts zum Ticker: Schneechaos in der Schweiz.)
Telefone laufen heiss
Bei der Schaffhauser Polizei und der Feuerwehr liefen die Telefone heiss. Wegen der Schneemassen waren auf dem ganzen Kantonsgebiet Dutzende Bäume auf Strassen, geparkte Autos und Stromleitungen gestürzt. Lastwagen blieben im Schnee stecken.
Auf den St. Galler Strassen führten die Schneefälle seit Mittwochabend zu rund 60 Unfällen. Viele Lastwagen und Autos blieben stecken, Strassen wurden durch umgestürzte Bäume blockiert.
Im Kanton Aargau waren wegen des starken Schneefalls am Freitag mehr als 60 Strassen gesperrt.
In den Bergen bis zu zwei Meter
Seit Mittwoch fiel vor allem vom Aargau ostwärts im Flachland sowie in den Alpen und den östlichen Alpentälern viel Neuschnee. Der Wetterdienst Meteonews meldete am Freitag teilweise rekordverdächtige Neuschneemengen.
Im Flachland schneite es örtlich bis über 30 Zentimeter, in den östlichen Alpentälern (Glarnerland, Walenseegebiet, Seeztal, oberes Rheintal und Bündner Täler) sogar teilweise über 50 Zentimeter und in den Alpen vielerorts 1 bis gegen 2 Meter. Dies sind Mengen, wie sie im Durchschnitt nur alle 20 Jahre gemessen werden.

Laut SRF Meteo wurden beispielsweise im glarnerischen Elm in den letzten zwei Tagen 96 Zentimeter Neuschnee gemessen. Somit wurde die Zweitagessumme vom 29. Januar 1982 um einen Zentimeter übertroffen. In Elm wird bereits seit Februar 1878 Schnee gemessen: Seit dann gab es in zwei Tagen erst einmal mehr Schnee als dieses Jahr und zwar 1961.

In Zürich-Kloten (33 Zentimeter) wird seit 1958 Schnee gemessen. Seit dann schneite es in 24 Stunden erst zweimal mehr. Andere Regionen wie etwa Bern blieben dagegen von den Schneemassen verschont.
Ein Toter und grosse Lawinengefahr
Auch am Freitag herrschten prekäre Strassenverhältnisse und in den Bergen eine grosse Lawinengefahr. Gemäss dem Davoser Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF galt in den Schweizer Alpen grossflächig die Gefahrenstufe 4 (gross) – die zweithöchste Stufe.
Am Samstag herrscht laut SLF grosse Gefahr im Berner Oberland östlich von Interlaken, am zentralen und östlichen Alpennordhang, im nördlichen Goms sowie in grossen Teilen Graubündens. In den übrigen Schweizer Alpen und im Jura ist die Lawinengefahr fast überall erheblich (Stufe 3).
In Emmetten im Kanton Nidwalden wurden zwei Männer von einer Lawine erfasst und 50 bis 100 Meter mitgerissen. Dabei starb der eine, ein 26 Jahre alter Mann aus der Zentralschweiz.
In Seedorf im Kanton Uri kam es zu einem zweiten Abgang der Fischlauwi-Lawine. Mehrere Strassenabschnitte bleiben wegen Lawinengefahr mindestens bis Samstag gesperrt.
Schnee bremst Bahnverkehr
Die rekordverdächtigen Schneefälle führten wie schon am Vortag auch am Freitagmorgen auf dem Bahnnetz zu zahlreichen Störungen. So war etwa der Bahnverkehr zwischen Winterthur und St. Gallen beeinträchtigt.
Immer noch gesperrt seit dem Lawinenniedergang vom Vortag ist die Linie Brienz-Interlaken im Berner Oberland. In Graubünden bleibt die Strecke zwischen Sumvitg-Cumpadials und Disentis/Mustér unterbrochen.
Warnung vor Waldgängen
Im Mittelland sind zahlreiche Strassen gesperrt, teilweise wegen umgeknickter Bäume. Auffallend viele Äste sind abgebrochen und liegen teilweise auf parkierten Autos, wie Bilder zeigen. Der Meteorologe erklärt das mit der Menge des Schnees und den vergleichsweise warmen Temperaturen: «Im Flachland ist es etwa 0 Grad, das gibt eine schwere Pappe», sagt Roger Perret von Meteonews auf Anfrage.
Überall sind Sträucher flach zusammengedrückt, viele Bäume umgeknickt. Deshalb warnt Perret: «Heute sollte man nicht in die Wälder gehen.»
Verspätete oder gar keine Post
Vor den aussergewöhnlich grossen Schneemengen musste in einigen Regionen auch die Post kapitulieren. Namentlich in der Ostschweiz wurde am Freitag an zahlreichen Orten keine Post zugestellt oder die Briefe und Pakete kamen mit Verspätung, wie die Post mitteilte.
Betroffen waren etwa die Zustellregionen Winterthur, St. Gallen, Appenzell, Graubünden und die Walliser Region Goms. Briefe und Pakete sollen nach Möglichkeit am Samstag zugestellt werden.
Immerhin meldete Meteonews am Freitagnachmittag, der Schneefall werde immer weniger und habe an vielen Orten aufgehört. Die nächsten Schneefälle gebe es in der Nacht auf Sonntag.
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Morgen Samstag ist es dann trocken, aber kalt. Am Morgen sind im Flachland örtlich unter -10 Grad möglich, tagsüber bleibt es frostig – laut Meteorologen ein «Eistag». Dafür scheint im Flachland zeitweise und auf den Bergen meistens die Sonne. Am Sonntag zieht dann die nächste Schneefront durch. Es muss im Flachland mit etwa 5 bis 15 Zentimetern Neuschnee gerechnet werden.
oli/sda
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