Kolumne «Tribüne»«So leidet der Samichlaus»
In einer Genossenschaftssiedlung erlebte der Samichlaus das Abenteuer seines Lebens. Auf dem Heimweg heftete sich eine Meute Kinder an seine Fersen.

Da liegen sie, die verschmähten Chräbeli, viiiele Nüssli und Mandarinli, die schon bessere Tage gesehen haben. Was ausser einigen Chlaussäckli-Resten sonst noch bleibt vom 6. Dezember, ist eine Anekdote, die letzte Woche wie ein Lauffeuer die Runde gemacht hat in unserer Genossenschaftssiedlung. «Häsch scho ghört, vom Samichlaus?», wird in den Treppenhäusern gefragt.
Und so überliefert auch mir eine Nachbarin jene Ereignisse, die die Boulevardmedien wohl mit «So leidet der Samichlaus» übertiteln würde. Aber der Reihe nach. Es war ein wirklich schönes Beisammensein im Innenhof unserer Siedlung. Mit einem stattlichen, freundlichen Samichlaus, vielen Sprüchli von Gross und Klein, einer toll erzählten Weihnachtsgeschichte, Gesang und Musik. So weit, so besinnlich.
«Als er mit schwerem Schritt wieder weiterziehen wollte, heftete sich ihm eine Schar von Siedlungskindern hartnäckig an die Fersen.»
Aber dann, erzählt mir die Nachbarin flüsternd, habe der Samichlaus das Abenteuer seines langen Lebens erlebt: Als er nämlich mit schwerem Schritt wieder weiterziehen wollte, heftete sich ihm eine Schar von Siedlungskindern hartnäckig an die Fersen. «Hohoho», soll der Samichlaus zuerst freundlich-autoritär gerufen haben. «Ihr lieben Kinder, nun muss ich aber weiter.» Daraus wurde allerdings nichts.
Was wie ein kleiner Spass begann, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einer handfesten Verfolgungsjagd durch die halb dunklen Wege der Wohnüberbauungen. Eben noch hüftsteif, rannte der Chlaus bald schon, um sich dann keuchend und schwitzend in einem dunklen Hauseingang aus der brenzligen Situation zu retten.
Dort entledigte er sich hastig seiner Robe, zerrte sich den Bart vom Gesicht und stopfte alles zusammen in den nächstgelegenen Milchkasten. In normaler Kleidung und so unauffällig wie möglich bog er darauf wieder um die Ecke und grüsste die renitenten Verfolgungskinder unschuldig.
Woher sie diese Geschichte habe, frage ich die Nachbarin. «Von ihm selber», raunt sie mir zu. Er habe sie danach, unter Erwachsenen, bei Glühwein am Feuer erzählt. Das Gelächter sei gross gewesen. «Was lernen wir daraus?», fragt mich die Nachbarin nun herausfordernd und liefert die Antwort gleich selber: «Augen auf beim Ehrenamt!»
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