So reagieren Yakin und Co. auf den Goalie-Eklat
Im Ligacup-Final zwischen Chelsea und Manchester City kam es zur Farce. Wir haben Fussballtrainer gefragt, wie sie mit der Situation umgegangen wären.
Maurizio Sarri traut seinen Augen kaum. Es läuft die letzte Minute in der Verlängerung des Ligacup-Finals. Chelseas Trainer möchte seinen Goalie, den 24-jährigen Kepa Arrizabalaga Revuelta, vor dem Penaltyschiessen auswechseln. Ersatztorhüter «Willy» Daniel Caballero, ein ausgewiesener Penaltykiller, steht an der Seitenlinie bereit, nachdem Kepa wenige Minuten zuvor wegen Krampferscheinungen gepflegt werden musste. Doch dann passiert das Unvorstellbare: Der Torhüter weigert sich vehement gegen seine Auswechslung. Über mehrere Minuten zieht sich das Theater hin. Auch der Abwehrspieler David Luiz kann seinen Torhüter nicht zum Gehen überreden. Sarri an der Seitenlinie verwirft die Hände und tobt, ist scheinbar sogar kurz davor, das Stadion zu verlassen.
Am Tag danach sprechen zumindest in den Medien alle von einem grossen Missverständnis. Dennoch scheint Kepa seinen bereits angezählten Trainer in aller Öffentlichkeit diskreditiert und lächerlich gemacht zu haben.
Wie geht man als Trainer mit so einer Situation um? Welche Konsequenzen zieht so ein Verhalten für alle Beteiligten nach sich? Und wie glaubwürdig sind die gelieferten Erklärungen? Wir haben bei vier aktuellen und ehemaligen Trainern nachgefragt.

«Ein Spieler darf nicht so egoistisch sein, denn ein Trainer trifft seine Entscheidungen zum Wohl des Teams»
Pierluigi Tami, welche Konsequenzen erwarten Sie für den Trainer?
Der Verein muss sich klar hinter den Trainer stellen, sonst hat dieser grosse Probleme. Zusätzlich muss der Verein Konsequenzen ziehen.
Darf sich ein Spieler so etwas überhaupt erlauben? Wie würden Sie mit der Situation umgehen?
Als Trainer muss man das mit dem betreffenden Spieler klären. Ich würde auf dem Platz keinen Zirkus veranstalten, aber danach muss es geklärt werden. Ein Spieler darf nicht so egoistisch sein, denn ein Trainer trifft seine Entscheidungen immer zum Wohl des Teams.
Haben Sie in Ihrer Karriere bereits Ähnliches erlebt?
Nein, so etwas ist mir noch nie untergekommen.
Was sagen Sie zu den Behauptungen von Sarri und Kepa, dass es sich bloss um ein grosses Missverständnis gehandelt habe?
Dass im heutigen Fussball ein solches Missverständnis entstehen könnte, wäre sehr komisch. Schwierig, dass so etwas passiert.

«Als Trainer sieht man sich mit einem Autoritätsproblem konfrontiert»
Giorgio Contini, wie würden Sie als Trainer reagieren, wenn sich Ihr Torhüter nicht auswechseln lassen würde?
Das ist schwierig zu sagen. Ich kenne meinen Goalie, und er hätte sicher auch keine Freude, wenn ich ihn vor dem Penaltyschiessen auswechseln wollte. Von daher ist es sicher nicht optimal, und als Trainer sieht man sich mit einem Autoritätsproblem konfrontiert.
Welche Konsequenzen würde so ein Verhalten nach sich ziehen?
Ich würde sicherlich ein Gespräch mit dem Spieler führen. Allerdings wüsste ich nicht genau, wie der Spieler zu sanktionieren wäre. Da gäbe es verschiedene Möglichkeiten: Die Entschuldigung vor dem ganzen Team, eine Geldbusse bis zu wirklich drastischen Massnahmen wie einer Spielsperre. Mir selbst ist so etwas als Trainer noch nie passiert.
Für wie glaubwürdig halten Sie die Erklärung, dass es sich bloss um ein Missverständnis gehandelt habe?
Natürlich passiert so etwas immer wieder. Als Trainer ist man sehr fokussiert und kann nicht immer mit allen gleich kommunizieren. Von daher ist man auf seinen Staff bestehend aus Ärzten und Physio angewiesen.

«Spieler haben die Entscheidungen des Trainers zu akzeptieren und fertig»
Murat Yakin, wie beurteilen Sie die Szene der vermeintlichen Auswechslung von Kepa im Ligacup-Final vom Sonntag?
Ich habe zwar keine Bilder gesehen, aber vom Vorfall gelesen. Die Autorität des Trainers wird hier total untergraben. So ein Cupfinal ist auf emotionaler Ebene nicht so einfach. Die Verantwortung trägt der Trainer. Er ist es auch, der geschickt wird, wenn es schiefgeht. Wir fördern Eigenverantwortung bei den Spielern – gut und recht, aber daraus wird oft Egoismus. Das egoistische Denken wird zunehmend schlimmer. Sich nicht auswechseln zu lassen, war in diesem Fall falscher Ehrgeiz des Goalies.
Welche Konsequenzen sollte ein solches Verhalten Ihrer Meinung nach haben?
Spieler haben die Entscheidungen des Trainers zu akzeptieren und fertig. Ausdiskutieren kann man die Dinge später. Abstrafen oder gar wegschicken würde ich aber wohl nicht.

«Ich gehe davon aus, dass es sich um ein Missverständnis handelt»
Uli Forte, wie beurteilen Sie die Szene im Ligacup-Final am Sonntag?
Nun, zuerst einmal habe ich nicht verstanden, ob Kepa wirklich verletzt war oder nicht. Es sah so aus, als ginge es für den Goalie aufgrund von Krämpfen nicht weiter. In so einem Fall muss der Spieler entscheiden, ob er fit ist oder nicht. Kepa signalisierte aber wohl, dass er weiterspielen könne. Was nicht geht, ist, wenn ein Spieler nicht bei 100 Prozent ist – dann muss er raus.
Sie glauben also nicht, dass der Spieler gegen seine Auswechslung streikte?
Ich gehe davon aus, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt, das eigentlich kein grosses Thema sein sollte.
Haben Sie denn schon mal etwas Ähnliches erlebt?
Was es schon gegeben hat, war einfach, dass ein Feldspieler nicht mehr konnte. Der kam dann kurz raus zur Behandlung, aber letztendlich ging es für ihn weiter, und ich musste meinen Wechsel nicht vollziehen. Man muss dem Spieler das Vertrauen schenken und auf ihn hören.
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